Kritik am DFB: „Ich finde es desolat, was hier gerade passiert“

Kritik am DFB: „Ich finde es desolat, was hier gerade passiert“

21. Mai 2020 5 Von Carsten Schulte

Als am Vatertag plötzlich die Mitteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) über die Fortsetzung der 3. Liga hereinflatterte, da war der Feiertag für den Preußen-Geschäftsführer Malte Metzelder auch erledigt. „Desolat“ sei, was der DFB da gerade präsentiere.

Wie auch aus anderen Klubs zu hören war, kritisierte der Sport-Geschäftsführer Malte Metzelder eine „Irreführung“ des DFB. Dessen jüngste Aussagen über eine Verschiebung des Drittliga-Starts seien ausgerechnet am Feiertag auf den Kopf gestellt worden. Metzelder gegenüber 100ProzentMeinSCP deutlich: „Wir fühlen uns überrannt.“

Es sei klar vereinbart worden, dass alle Klubs die gleiche Trainings- und Vorbereitungszeit bekämen. Was davon übrig blieb? Nichts. Es gibt Klubs, die aktuell gar nicht trainieren, andere sind seit Wochen im Betrieb. Und der SCP ist bisher über Kleingruppentraining nicht hinausgekommen. „Da muss man kein Mathematiker sein um zu erkennen, dass das bis zum 30. Mai nicht mehr geht.“

Soweit es die Preußen betrifft, werde der Klub das Gespräch mit dem Gesundheitsamt suchen. Aber „erst am Freitag, nicht heute am Feiertag“, so Metzelder etwas süffisant. „Wir haben noch keine Lösung parat, aber werden uns mit der Stadt schon einigen“, so Metzelders Hoffnung mit Blick auf das Training wie auch das Stadion. Denn ein Umzug in ein anderes Stadion wird in Münster wohl am Ende nicht notwendig sein. Die Auflagen kann der Klub erfüllen – auch wenn das alles viel, viel Geld kostet. Die Alternative, also ein Ausweichstadion, sei für den SCP „nicht kompatibel“. Ernsthaft: So viele in Frage kommende Stadien gibt es in der Umgebung von Münster ja nicht. Und Osnabrück oder Bielefeld oder Ahlen sind wohl nicht gerade die 1A-Lösungen…

Allein das Trainingslager, das der SCP jetzt binnen kürzester Zeit organisieren muss, ist eine echte Aufgabe. Klar habe sich der Klub grundsätzlich darauf vorbereitet, aber es gibt keine Reservierungen. Das muss alles noch geklärt werden. Auch, wer das eigentlich bezahlen soll. Der DFB sicher nicht. Der Verband übernimmt großzügig die Kosten für die Tests – von dem Geld, das vier Bundesligisten zur Verfügung gestellt haben. Für den Rest (zusätzliche Umkleiden/Duschen, Busse, Trainerbänke, Hygienebeauftragten etc.) müssen die Klubs selbst aufkommen.

Metzelder: „Schon kurze Spieltags-Trainingslager mussten wir extern finanzieren. Unser Etat gibt das nicht mehr her, da müssen wir kreative Lösungen finden.“

Wie kreativ das sein soll, liegt auf der Hand: Rumbetteln unter Sponsoren, Freunden und Gönnern. Was schert es den DFB? Der hat zwar angekündigt, im Zulassungsverfahren ein Auge zuzudrücken. „Aber was hilft das am Ende, wenn der Verband den Spielbetrieb durchsetzt und am Ende die Klubs pleite sind?“

Vom Verhalten des DFB ist der sonst so bedachte und besonnene Malte Metzelder spürbar enttäuscht. „Ich finde es desolat, was hier gerade passiert. Wie wenig Interesse daran besteht, die Klubs einzeln zu betrachten. Der DFB hat die Chance verpasst zu fragen, wo die Klubs der Schub drückt. Welche Probleme bei dem einen größer als beim anderen sind.“ Eigentlich müsste der DFB auf alle Drittligisten achten, aber …

Tja. Tatsächlich hat der Verband den Ton klar gesetzt. Die Klubs, die auf Probleme hinweisen, sind Störenfriede, die die gesamte 3. Liga zerstören. Einzelinteressen haben gefälligst hinten anzustehen.

Preußen schließt juristische Prüfung nicht aus

Halle und Jena haben sich ausdrücklich eine juristische Prüfung der Lage vorbehalten. Und auch Malte Metzelder schließt das keinesfalls aus. „Es gibt da durchaus Ansatzpunkte“, so der frühere Profispieler nüchtern. „Man muss sich fragen, ob es Sinn macht, nur noch als Sparringspartner anzutreten. Man muss sich schon gut überlegen, ob man damit auch die Existenz des Vereins gefährdet.“ Stichwort Insolvenz. Dass die Geisterspiele richtig ins Geld gehen und sportlich mindestens fragwürdigen Wert haben, liegt auf der Hand. Lösungen oder Angebote vom DFB? Fehlanzeige. Der war nur so freundlich, den Klubs bei der Suche nach Ausweichstadien behilflich sein zu wollen.

Spieler fit

Zuletzt hatte Metzelder wenig Zeit, die Trainingseinheiten zu besuchen – sonst Pflichttermin für den Sportchef. Seine Eindrücke: „Die Spieler freuen sich natürlich, dass sie wieder am Ball sein können.“ Es gebe schon Fragen nach Risiken. „Die Spieler lesen ja auch, was gerade los ist.“ Aber für die Spieler gelte: Konzentration auf den Sport, möglichst wenig Ablenkung.

Die erforderlichen Tests würden jetzt vorbereitet, nachdem der Klub seinen Teamarzt Dr. Cornelius Müller-Rensmann buchstäblich überredet hat, auch noch als Hygienebeauftragter einzuspringen.

Sorgen dürfte Metzelder eher bereiten, dass der nicht üppige Kader in wenigen Tagen schon ein bisher nie erlebtes Pensum an Spielen bestreiten muss. Elf Spiele in 33 Tagen, alle drei Tage. Das meint der DFB ernst. Die Belastung der Spieler kümmert den Verband nachweislich nicht. Stattdessen erklärte der jüngst tatsächlich: Hauptsache sei, dass die Nationalmannschaft im Herbst wieder spiele. Damit verdiene man das Geld. Das ist wirklich der Verband, die ganze Wahrheit. Nur noch desolat.

Der aktualisierte Spielplan des SC Preußen Münster