Preußen-Sportchef Malte Metzelder zwischen den Stühlen

Preußen-Sportchef Malte Metzelder zwischen den Stühlen

7. April 2020 0 Von Carsten Schulte

Es ist die denkbar dümmste Situation im Fußball. Es wird nicht gespielt und niemand weiß so recht, wann es in der 3. Liga weitergeht. Oder ob überhaupt. Malte Metzelder kann derzeit auch keine Gespräche mit den Spielern führen. Weder mit den aktuellen Profis noch mit Neuzugängen. Und der Sportchef des SC Preußen Münster hat noch ein anderes Problem: Sein Vertrag läuft Ende Juni aus.

Natürlich ist der Fußball im großen Maßstab derzeit nicht das drängendste Thema. Manchmal klingt allerdings auch so eine Haltung durch, nach der Fußball eher eine Art „Hobby“ für nebenher sei. Etwas für den reinen Spaß, nachrangig. Das mag ja vielleicht für Kreisligisten und gelten, aber der Profifußball ist natürlich ein Wirtschaftszweig, der wie viele andere auch gerade leidet und in dem es um tausende Arbeitsplätze geht.

Über Fußball und seine Probleme zu sprechen ist also ebenso zulässig und legitim wie über die Sorgen aller anderen Unternehmen. Gleichwohl muss der Fußball auch symbolische Aufgaben und Pflichten übernehmen. Dass der FC Liverpool zuletzt öffentliche Gelder beanspruchen wollte, die für Kleinunternehmer gedacht waren, gab richtig Ärger. Im Kleineren gilt das auch für den SC Preußen Münster. „Wir wissen, dass diese Situation eine Besondere ist und müssen positiv vorweggehen“, sagt Malte Metzelder, Sport-Geschäftsführer beim SCP.

„Corona-Partys“ wurden von den Preußen-Kickern bisher also nicht gefeiert und auch mit dem ganzen Thema Kurzarbeit ging der SCP behutsam um. Weil auch die Fans des SCP schöne Zeichen senden, stehen die Adler derzeit vergleichsweise vernünftig da. Fast 1.500 „Preußen-Supporter“ haben bereits Unterstützer-Pakete gekauft. Mit dem Geld wird der SCP nicht reich, aber kann fehlende Einnahmen zumindest abmildern.

Das wäre es dann aber auch mit den guten Nachrichten. Der Rest würde bei Malte Metzelder eine gewisse Panik auslösen, wenn der Sportchef von seinem Naturell her nicht eher der ruhige Typ wäre. Wo spielt der SC Preußen in der kommenden Saison? Mit welcher Mannschaft? Wer kann bleiben? Wieviel Geld wird zur Verfügung stehen? Und auch: Was ist eigentlich mit Metzelders eigenem Vertrag?

Vertragsverlängerung?

Zum 1. April 2017 trat Metzelder sein Amt beim SCP an. „Mein Vertrag läuft bis zum 30. Juni“, sagt er im Gespräch mit 100ProzentMeinSCP. Aber was dann wird? Schulterzucken übers Telefon.

„Es gab bereits ein Gespräch“, so Metzelder. Aber das habe stattgefunden, bevor Corona den Fußball völlig stoppte. Nun: Die letzten verfügbaren Aussagen der Klubführung war, dass man mit der Arbeit des Sportchefs zufrieden sei und es keinen Anlass gebe, nicht weiter zusammenzuarbeiten.

Ob das heute noch gelte, müssten die Entscheider sagen, so Metzelder. Aber wie sieht der 37-Jährige selbst? „Ich habe ja gesagt, dass wir in einem guten Austausch sind. Ich habe ein besonderes Verhältnis zum SCP, aber man muss auch Klarheit haben, wie es weitergeht.“

Aber genau diese Klarheit ist weder heute noch morgen oder in vier Wochen herstellbar. Die 3. Liga und damit der SCP befindet sich in einem Impro-Stück. Reagieren auf das, was passiert. Mehr geht derzeit nicht und für einen Fußballklub ist das noch unangenehmer als für ein Unternehmen. Das kennt nämlich seine Produkte und den Markt – aber die Preußen wissen derzeit nichts über die Rahmenbedingungen in drei, vier Monaten.

Fakt ist: Der Vertrag von Metzelder endet in weniger als drei Monaten. Es ist die einzig simple Sache in dieser Zeit: Wenn man weiter zusammenarbeiten möchte, muss eine Entscheidung über Metzelders Vertrag in Kürze fallen. „Wir sind weiter im Austausch“, so Metzelder knapp.

Das bestätigt im Grunde auch Preußen-Präsident Christoph Strässer. „Wenn nichts passiert, läuft Malte Metzelders Vertrag Ende Juni 2020 aus.“ Es muss also eine Entscheidung getroffen werden. Das Signal des Klubs lautet jedenfalls: „Von unserer Seite aus kann er weitermachen“, so Strässer gegenüber 100ProzentMeinSCP.

Dabei verkenne der Klub nicht, dass es auch Kritik an manchen Entscheidungen geben könnte. Aber insgesamt stehen die Weichen auf Vertragsverlängerung.

Was für Metzelder zumindest noch für einige Zeit gilt, gilt auch für die Spieler. Alle müssen warten. „Du kannst jetzt nicht seriös in Vertragsgespräche gehen, geschweige denn Verträge abschließen“, so der Sportchef. Niemand wisse, wann der „Lockdown“ im Fußball beendet sei. Mitte April, so um Ostern herum, wolle die Liga darüber sprechen, wie oder ob es im Mai weitergeht. Bis zum 30. April war ja die Spielpause schon beschlossen, aber dann?

Lange Pause seit dem 7. März

Die Bundesliga und 2. Bundesliga wollen dann mit Geisterspielen weitermachen und die Saison abschließen. Viele Profiklubs sind dazu am Montag wieder in „trainingsähnliche“ Arbeit eingestiegen. Aber Kleingruppenarbeit hat natürlich mit Teamtraining und Spielübungen herzlich wenig zu tun.

Was auch immer ab Mai passiert: Sein letztes Spiel hatte der SC Preußen am 7. März. Ein paar Tage Training folgten noch, aber es werden dann schlimmstenfalls sechs Wochen Pause gewesen sein. Denn vorerst und in absehbarer Zeit steigt der SCP nicht wieder in irgendeine Trainingsarbeit ein.

Metzelder hält mit Trainer Sascha Hildmann regelmäßig Kontakt. „Ich will ihn ja auch auf dem Laufenden halten.“ Das gilt auch für die Spieler, die vom SCP über die Lage im Fußball informiert werden. Informationen aus erster Hand dürften hier sinnvoller sein als manche Medienberichte. „Soweit ich das mitbekomme, gibt es im Team auch eine hohe Eigenverantwortung.“ Heißt: Im direkten Umfeld der ersten Mannschaft gibt es aktuell keine Corona-Probleme.

Wie geht es weiter?

Niemand weiß derzeit, wie die 3. Liga weiterspielen kann. Was der SCP bevorzugt, behält Metzelder für sich. Lediglich allgemeine Aussagen will er treffen – aus denen sich allerdings manches ablesen lässt. Zunächst: „Ich habe mich für die laufende Saison davon verabschiedet, dass wir noch vor Zuschauern spielen.“ Das werde nicht mehr möglich sein, so Metzelder.

Dass der DFB zuletzt die Verbandsregeln bis 2021 deutlich aufgeweicht hat. Ein Saisonende zum 30. Juni ist nicht mehr Bedingung. Theoretisch könnte die Liga jetzt bis Jahresende pausieren und die fehlenden Spieltage Anfang 2021 nachholen. Die Saison 2020/2021 könnte dabei sogar vollständig entfallen. Das bietet dem Amateurfußball und der 3. Liga alle Möglichkeiten eines wie auch immer geordneten „Neustarts“. Wobei endlose Details wie die Fragen nach Spielerverträgen noch nicht beantwortet sind.

Das weiß auch Malte Metzelder. „Wir müssen uns intern auf alle Szenarien vorbereiten.“ Von denen es derzeit vor allem drei gibt: Abbruch, Fortsetzung ohne Zuschauer, erst viel später weiterspielen und die Saison dann ggf. in 2021 enden lassen.

3. Liga bei der DFL?

Zuletzt hatte RW Essens Vorstand Marcus Uhlig angesichts der „Gelegenheit“ eine bundesweite Debatte über eine Reform der 3. Liga angestoßen. Stichwort: Aufstockung oder Teilung. Wenn nicht, wann dann könne man über Umstrukturierungen sprechen. Metzelder findet so eine Diskussion grundsätzlich zulässig. „Es kann schon eine Chance sein, Themen anzusprechen. Wofür zuletzt ein Denkverbot galt, könnte jetzt mal besprochen werden.“

Aber: „Ich bin schon dafür, dass die 3. Liga ihr Profil behält.“ Metzelder hält die aktuelle Form – auch die mediale Begleitung durch die Telekom – für sinnvoll. „Das hat schon Laune gemacht.“

Herauszulesen ist, dass Metzelder eher wenig davon hält, aus der Profiliga 3. Liga jetzt eine Art Sammelbecken für zwei oder drei Dutzend ambitionierter Klubs zu machen. Eher könnte sich Metzelder jetzt eine 3. Liga unter dem Dach der Deutschen Fußball-Liga (DFL) vorstellen. Denn das ist die 3. Liga ihrem Wesen nach doch längst (geworden): Eine Profiliga mit hochambitionierten Profiklubs. Keine Ausbildungsliga, keine Liga für reine Amateurklubs. „Aber das ist alles sehr spekulativ“, schränkt er ein.

Dass einige Klubs wie Saarbrücken oder Essen jetzt Ansprüche anmelden, ist klar. „Das liegt ja auch an den Situationen dieser Klubs.“ Aber derzeit gibt es eben keine konkrete Perspektive. Denn das bleibt schlichtweg der Stolperstein Nummer 1: Über eine neue 3. Liga zu diskutieren, noch ehe klar ist, was aus der „alten“ 3. Liga wird? Das ist etwas schwierig.

Wie auch immer: Im Fall Malte Metzelder hat der SCP noch eine Aufgabe zu lösen, die jetzt zeitnah gelöst werden muss.