Marco Antwerpen: „Geisterspiele sind vielleicht das letzte Mittel“

Marco Antwerpen: „Geisterspiele sind vielleicht das letzte Mittel“

17. April 2020 0 Von Carsten Schulte

Braunschweig – Am kommenden Wochenende hätte die 3. Liga ihren 34. Spieltag durchgeführt. Die Preußen hätten bei Eintracht Braunschweig antreten sollen – mit einem großen Wiedersehen. Ex-Trainer Marco Antwerpen und Co-Trainer Kurtulus Öztürk sind nun bei der Eintracht beschäftigt. Aber es wird ja vorerst nicht gespielt. Was der frühere Adler- und jetzige Löwen-Trainer sagt, steht in unserem Interview mit Marco Antwerpen.

Artikelbild: Marco Antwerpen, Trainer bei Eintracht Braunschweig. Foto: Imago

Frage: Eigentlich hätte Eintracht Braunschweig am Samstag gegen Preußen Münster gespielt. Jetzt gibt es am Freitag nur ein virtuelles Spiel auf der Konsole: Robin Ziegele gegen Maurice Litka. Wie hast du deinen Innenverteidiger auf dieses so wichtige Spiel vorbereitet?

Marco Antwerpen: (lacht) Ich glaube eigentlich nicht, dass ich ihn darauf vorbereiten muss.

Spielst du eigentlich selbst?

Nein, gar nicht.

Also hängt dein Job bei der Eintracht auch nicht vom Ergebnis dieses Duells ab?

(lacht) Eher nicht.

Okay, letzte Frage zur Corona-Auszeit: Womit vertreibst du dir eigentlich so die Zeit? Also abgesehen von fachlichen Dingen.

Nun ja, am Anfang habe ich zuhause noch etwas gemacht. Aber mittlerweile ist alles fertig. Jetzt könnte ich noch den Dachboden ausbauen, aber ehrlich: Handwerklich bin ich nicht ganz so beschlagen, das würde wohl zu lange dauern. Ich versuche jetzt eher, noch Sport zu machen. Tennis geht zwar derzeit nicht, aber ein bisschen Laufen schon. Und lesen.

Zum Sport. Wann wird bei der Eintracht denn wieder trainiert?

Derzeit haben wir noch kein „Grünes Licht“ für Training, wir warten noch darauf. Aber auch bei uns ginge es ja vorerst nur in Kleingruppen.

Das ist ja ein bisschen das Thema: Ein normales Training ist das ja nicht.

Richtig. Es geht gar nicht in den Bereich, in dem man fußballspezifisch trainiert. Was du machen kannst, sind Dribbelparcours, Passübungen, so etwas. Aber taktische Abläufe, Zweikämpfe, also alles, was den Fußball ausmacht, das ist nicht durchzuführen.

Wie lange wird es angesichts dieser Umstände dauern, ehe die Mannschaft überhaupt wieder ansatzweise bei 100 Prozent ist?

Wenn wirklich ab Mai wieder gespielt werden sollte, hätten wir etwa zwei Wochen Vorbereitungszeit. Das ist natürlich zu kurz. Im Sommer haben wir sechs Wochen. Und Testspiele fehlen auch. Im Grunde würden wir alle einen Kaltstart hinlegen.

Und geht das überhaupt?

Das ist nicht optimal, aber wir müssen einfach in Lösungen denken.

Wenn man sich anschaut, wie fast das gesamte öffentliche Leben pausiert, aber der Fußball unbedingt wieder spielen will: Bekommt dieser Sport da nicht eine Sonderrolle?

Das ist schwierig zu bewerten. Wir möchten gerne wieder unserer Tätigkeit nachgehen, aber dafür müssen Voraussetzungen geschaffen werden, ob das durchzuführen und möglich ist. Die verantwortlichen Personen werden uns diesbezüglich Lösungen anbieten. Im Fokus muss auch hier die Gesundheit der Spieler, Trainer und aller beteiligten Personen stehen.

Was wäre aus deiner Sicht die am wenigsten schlechte Lösung für den Fußball?

Ich mache mir darüber schon Gedanken. Klar ist: Wir brauchen Lösungen. Für Spieler, für Trainer, für alle Beteiligten. Aber wie die aussehen, muss der DFB sagen. Und wir brauchen eine solidarische Lösung, hinter der dann alle Vereine stehen sollten.

Gerade in der 3. Liga gibt es heftige Diskussionen um einen Saisonabbruch oder aber Fortsetzung mit Geisterspielen. Wie „echt“ ist der Fußball ohne Zuschauer? Und wie kann man solche Spiele wirklich bewerten?

Das ist in allen Sportarten so : Erst die Zuschauer schaffen diese besondere Atmosphäre. Und gerade hier in Braunschweig ist die Stimmung überragend, das ist schon speziell. Die Umstände ohne Zuschauer sind ganz andere. Der Heimspielvorteil geht verloren. Aber man muss eben auch diese besonderen Umstände berücksichtigen. Um die Saison durchzuführen, sind Geisterspiele vielleicht das letzte Mittel. Denn dann hättest du wenigstens noch sportliche Entscheidungen.

Aber wie baut man dann als Spieler (und auch Trainer) echte Wettkampfstimmung auf, wenn man über Wochen nur noch stille Stadien vor sich hat?

Dieser ganz besondere Kick fehlt dir als Spieler. Zuschauer peitschen dich an, da fühlst du dich wie von einer Welle getragen. Ich als Trainer werde die Mannschaft wie immer vorbereiten und motivieren.

Betrifft das die zuschauerträchtigen Traditionsklubs eher als die Vereine, die ohnehin keine großen Zuschauerzahlen vorweisen können?

Natürlich. Wo mehr Zuschauer sind, herrscht eine andere Atmosphäre.

Schauen wir kurz auf deinen Job. Du bist seit kurzem wieder mit deinem alten Co-Trainer aus Münster vereint. Was bedeutet das für deine Arbeit?

Kutte und ich habe die gleiche Art über Fußball zu denken und er ist eine Vertrauensperson , die du als Trainer brauchst.

So richtig schlau wird man aus der Braunschweiger Saison insgesamt noch nicht. Zunächst gab es einen Sahnestart, aber dann war der Schwung weg.

Wie viele andere Teams sind auch wir aber noch oben dran. Wir haben es in den letzten Spielen nicht geschafft konstant zu punkten. Nach sehr guten Heimspielen gegen Lautern und Uerdingen kamen sehr enttäuschende Auswärtsspiele. Jetzt wäre die nächste Aufgabe gewesen, auch auswärts besser zu spielen und Punkte zu sammeln.

Einschub: In der Amtszeit von Marco Antwerpen verlor Braunschweig nur eines von sieben Heimspielen, gewann aber vier. Auswärts dagegen kassierte Braunschweig unter Antwerpen drei Niederlagen in fünf Spielen und gewann auch noch nicht. Insgesamt betreute Antwerpen die Eintracht bisher in 12 Spielen (4 Siege, 4 Unentschieden, 4 Niederlagen). Er holte also 16 Punkte, im Schnitt 1,33 Punkte.
Alle Saisonstatistiken zur Eintracht auf 100ProzentMeinVerein

Dann kam die Spielpause.

Genau. Wir standen vor einer englischen Woche, wollten da richtig was rausholen. Und dann war Schluss.

Gibt die Zwangspause dem einen oder anderen Team vielleicht die Chance, neuen Atem zu fassen?

Ich kann an dieser Pause für kein Team etwas Positives erkennen.

Dein Ex-Verein Preußen Münster spielt eine ziemlich mäßige Saison. Wie verfolgst du den Weg der Adler?

Da die Preußen immer gegen unseren nächsten Gegner spielen, schaue ich Münster häufiger.

Du hast deinen Abschied aus Münster frühzeitig in 2019 bekanntgegeben. Siehst du dich bestätigt mit deinen Bedenken?

Das wäre jetzt leicht zu sagen, aber so denke ich nicht.

Eines aber noch. Überrascht dich der Absturz der Preußen nicht doch etwas?

Wie gesagt, sportlich will ich da nicht so viel zu sagen. Aber im Mittelfeld ist den Preußen schon Qualität verlorengegangen. Klingenburg, Kobylanski, Braun: Das aufzufangen ist schwer.

Okay, letzte Frage. Denkst du, wir erleben das Rückspiel zwischen Braunschweig gegen Münster in den kommenden Wochen noch im Stadion?

Aus sportlicher Sicht möchte ich gerne spielen…