Kolumne #9: Der Fußball in den Zeiten der Cholera oder Preußenfieber und Corona

Kolumne #9: Der Fußball in den Zeiten der Cholera oder Preußenfieber und Corona

11. März 2020 0 Von Martin Stadelmann

Die 9. Ausgabe der Kolumne „100% Preußen“ beschäftigt sich mit… nun ja, was wohl? Das Corona-Virus sorgt für schwierige Entscheidungen, die nicht von allen mitgetragen oder verstanden werden. Martin Stadelmann über Preußenfieber und Virus…

Es ist und bleibt immer wieder ein erstaunliches Phänomen. Kaum sind Fußballspiele betroffen, mutieren die Trainer ohne Trainerschein zu Fachleuten eins komplett anderen Fachgebiets, in diesem Fall Medizin/Virologie. Da wird bewertet und geschimpft, mal ausnahmsweise nicht auf unfähige Spieler und Trainer, dieses Mal sind es Behörden und die Wichtigtuer, die mit ihren Expertisen uns doch nur den Spaß wegnehmen wollen. Obwohl wir doch alle gesund sind. Sonst wären wir ja auch schon krank. Und überhaupt. So schlimm wird es dann auch nicht werden, es sei denn, die da oben verheimlichen mal wieder was. Krude Verschwörungstheorien, Anschuldigungen, vor allem fehlendes Vertrauen. Ich bin da ehrlich gesagt immer wieder etwas überrascht, was da immer wieder an die Oberfläche der Menschheit strömt.

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Grundlage hierfür dürfte wohl ein riesiger Egoismus sein, das Gefühl, dass mir etwas weggenommen werden soll, wozu ich doch ein ganz natürliches recht habe. Ob diese Annahme richtig oder falsch ist, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Auf jeden Fall bleibt ein Eindruck haften. Es mangelt an Solidarität mit den Schwächeren, die vor allem durch Maßnahmen wie Geisterspiele und dem erhofften Effekt der Verlangsamung der Ausbreitung eines Virus geschützt werden sollen.

Preußenfieber gilt übrigens nicht als Symptom einer Erkrankung wie Corona. Das dürfte bei einigen durch die ärgerliche Niederlage in Köln auch wieder etwas abgeflaut sein. Über 1000 Fans des SCP hatten sich nach Köln aufgemacht, wollten die Mannschaft antreiben zum dritten Sieg in Folge, zum unumkehrbaren Zeichen, dass die Preußen wieder zurück im Geschäft seien. Es hat nicht sollen seien, innerhalb weniger Minuten wurde aus einem weiteren bemerkenswerten Auftritt eine schmerzhafte Niederlage. Sehr schade, aber auch für diesen Rückschlag gilt, dass niemand gesagt hat, dass es leicht werden würde.

Natürlich war es, falls es sowas überhaupt gibt, das falsche Spiel schlechthin, um es zu verlieren. Und wer weiß, wann wir überhaupt das nächste Preußenspiel im Stadion sehen können? Also blöder Zeitpunkt, absoluter Stimmungskiller. Und doch darf es heute kein Thema mehr sein, der Blick kann nur auf die kommenden Aufgaben gerichtet werden. Jedes Spiel ist ein Endspiel. Wenn Preußen wieder ran darf. Spiele ohne Zuschauer rauben den Adlerträgern sicherlich ein gewichtiges Pfund der letzten Wochen, der Zusammenhalt zwischen Publikum und Spielern. Immer wieder überraschend, dass eine solche Einheit in Münster möglich ist, immer wieder sehr erfreulich, wenn dieser Brückenschlag gelingt.

Spiele ohne Zuschauer bedeuten weiterhin erhebliche Mindereinnahmen, fünf Heimspiele haben die Adlerträger theoretisch noch, rechnen wir mit insgesamt 35.000 – 40.000 Zuschauern ergibt sich ein erhebliches Loch in der Kasse, bei anderen Clubs wird es sogar ein noch größerer Ausfall sein. Ist das Betriebsrisiko? Bisher stellt niemand die Frage, aber was passiert, wenn ein Spieler/Betreuer sich angesteckt hat oder als potentieller Überträger gilt? Die DEL (Deutsche Eishockey Liga) hat den Laden dicht gemacht, die Saison einfach annulliert. Es gibt auch in den unteren Ligen keine Auf-/Absteiger. Ein drastischer Schritt und im Millionengeschäft Fußball kaum vorstellbar.

Allerdings reicht ein Blick in die Nachbarländer: In Österreich wurde der Ligabetrieb vorübergehend auf Eis gelegt, in Italien sowieso. Eine Verlegung der Olympischen Spiele um ein bis zwei Jahre wird diskutiert. Wir werden sehen, was passiert. Für die Verantwortlichen sind es in Verbänden und Vereinen undankbar und eines steht fest: jede Entscheidung wird heftig kritisiert werden.