DFB und die 3. Liga: Ohne Rücksicht auf Verluste

DFB und die 3. Liga: Ohne Rücksicht auf Verluste

11. Mai 2020 2 Von Carsten Schulte

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will die 3. Liga ab dem 26. Mai fortsetzen. Die Entscheidungen sollen auf sportlichem Wege fallen – dabei hat dieser Plan mit Sport nur noch wenig zu tun. Ein Kommentar.

Um das direkt einmal vorwegzunehmen: Das Bild, der DFB im Krisenmodus abgibt, ist verheerend. Nicht zum ersten Mal, man ist das gewohnt. Aber während ein ganzes Land und zahllose andere Sportarten seufzend einen Deckel drauf machen, will man beim DFB alles am Kochen halten.

Das mag man für den TV- und Mediensport Bundesliga und die DFL noch zähneknirschend hinnehmen, aber in der 3. Liga lässt einen das Alles-oder-nichts-Vorgehen des DFB nur noch fassungslos zurück. Die Klubs werden vom Verband mit Quasi-Maulkörben bedacht. Da wird über eine Versachlichung der Debatte fabuliert, während sich der DFB letztlich jeder Debatte entzieht. Gibt es hier etwa eine Basis für eine ergebnisoffene Diskussion? Nein. Die 3. Liga muss spielen. Punkt.

Die Pressemitteilungen des Verbandes über die Stimmungslage lesen sich folgerichtig, als sei das alles eine demokratische Wahl mit Mehrheitsentscheidungen. Tenor: Die 3. Liga will das doch selbst! Dabei war selten eine „Mehrheit“ so wenig deutlich und der Wille so wenig einheitlich. Und noch schlimmer: Der DFB tut, als sei das alles überhaupt nur eine Frage von Mehrheiten und nicht von Verantwortung und gesundem Menschenverstand.

Dazu: SC Preußen startet wieder ins Training

Ja, Monate ohne Spiele sind schwer zu schlucken. Dafür gibt es Kurzarbeit. Und Geisterspiele mit völlig absurden Rahmenbedingungen sollen die Rettung sein? In das nur leicht angepasste „Hygienekonzept“ hinein zwingt der DFB seine Klubs, mit „mehreren Transportern oder Bussen“ zu Spielen zu reisen. Einen eigenen Hygienearzt einzustellen. Separate Duschen vorzuhalten – oder die Spieler zum Duschen nach Hause zu schicken. Ernsthaft: Geht’s noch? Irgendwo da draußen kichert Kalou still in sich hinein.

Das völlig Absurde in diesem tragischen Schauspiel ist die Behauptung, das alles diene doch nur der sportlichen Klärung von Auf- und Abstiegsfragen. Als hätte ein Neustart am 26. Mai noch irgendetwas mit Sport zu tun! Da werden Teams, für die es tatsächlich um ihre Zukunft geht, nach zweieinhalb Monaten Pause in völlig irreguläre Spiele geschickt. Es gibt etliche Drittligisten, die am 11. Mai noch nicht wieder im Training sind, aber in 15 Tagen auf den Punkt fit sein sollen für fünf englische Woche. Andere Klubs sind seit zwei Wochen wieder aktiv. Das wird ja eine faire Veranstaltung…

Hatten wir schon über die Spieler gesprochen, die das alles ausbaden dürfen? Die Bundesligen hatten mehrere Wochen Zeit für die Vorbereitung. Alle anderen müssen aus dem Kaltstart Bestleistungen bringen. Und das bis zum Ende mit erheblich mehr Spielen als die Bundesliga.

An Spielorten, in denen Behörden und Politik aus verschiedenen Gründen „Nein“ sagen, droht man den Klubs zudem mit rechtlichen Konsequenzen und will die Spiele dann an irgendwelche „neutralen“ Spielorte verlegen?

Mal drastisch nachgefragt: Tickt dieser DFB eigentlich noch ganz corona-frei?

Was für einen sportlichen Wert hat eine kaputte Saison, die ohne Rücksicht auf Verluste durchgepeitscht werden soll? Wie regulär sind dann die so ermittelten Auf- und Abstiege?

Es scheint, als hätte der DFB zu keinem Zeitpunkt Alternativen in Betracht gezogen, die es ja gibt. Von einer Aufstockung der 3. Liga über eine temporäre Aufteilung in zwei Staffeln – für eine begrenzte Zeit, eine Saison vielleicht. Als damals die Fußballklubs der ehemaligen DDR „eingegliedert“ wurde, ging das in der 2. Bundesliga auch. Damals spielte die 2. Liga eine Saison lang in zwei Staffeln, dann noch ein Jahr mit 24 Teams und ein dritttes Jahr mit 20 Teams.

Und jetzt? Nein. Geht nicht. Gibt’s nicht. Das wollen die Drittligisten ja nicht. Was für ein Verband will dieser DFB eigentlich sein?