Kommentar: Logische Entscheidung

Kommentar: Logische Entscheidung

4. März 2022 2 Von Carsten Schulte

Nach dem Böllerwurf von Essen hat das Sportgericht des Westdeutschen Fußball-Verbands (WDFV( das Spiel mit 2:0 für den SC Preußen Münster gewertet. Das ist im Grunde die einzige logische Entscheidung. Ein Kommentar.

(Foto: S. Sanders)

Nun also Klarheit, zumindest vorerst. Das Sportgericht des WDFV hat dem SC Preußen drei Punkte zugesprochen. Zum Zeitpunkt des Spielabbruchs in Essen stand es 1:1, der SCP hatte den Ausgleich erzielt, hatte das oft zitierte „Momentum“ auf seiner Seite, wer weiß, wie das ausgegangen wäre?

Weil direkt danach ein heftiger Böller in Richtung der Preußenspieler geworfen wurde, muss man darüber nicht mehr nachdenken. Es ist eine rein theoretische Frage geworden. Fakt ist, dass zwei Spieler betroffen waren, einer davon hat bis heute drei Spiele verpasst und klagt noch immer über Schwindel und Übelkeit bei Belastung – Folgen eines Knalltraumas.

RW Essen will sich beraten, ob eine Berufung sinnvoll ist. In einer Pressemitteilung schreibt RWE: „Wir haben darauf hingearbeitet, es zu einem Wiederholungsspiel kommen zu lassen. Das wäre das aus unserer Sicht sachgerechtere Urteil gewesen.“

Sachgerechter? Die Statuten sind eigentlich klar. In jedem Fall darf Münster als komplett unbeteiligt und damit Opfer gelten. RW Essens Mannschaft kann nichts dafür, aber am Ende ist der Klub eben Veranstalter und damit für die Sicherheit im Stadion verantwortlich. Es dürfte natürlich schwer sein für Essen (und jeden anderen Klub), jemals 100-prozentige Sicherheit zu garantieren. Aber soll das im Umkehrschluss bedeuten, dass Essen auch für gar nichts mehr verantwortlich gemacht werden kann? Oder jeder andere Gastgeber?

Übrigens hatte RWE am Ende auch nichts einzuwenden gegen die Geldstrafen und die Sperrung der Stehränge wegen Pyrotechnik. Heißt also: Hier fühlte sich RWE als Ansprechpartner durchaus korrekt adressiert, aber der Böllerwerfer soll dann außerhalb von allem stehen? Das ist überhaupt nicht mehr logisch.

Können sich künftig andere Klubs darauf einstellen, dass bei einer Führung an der Hafenstraße für ihr Team aus der Essener Kurve ein Spielabbruch provoziert wird und ein Wiederholungsspiel angesetzt wird? Das Szenario ist sicher ebenso theoretisch, aber die Frage kann man ja mal stellen. Warum also sollte eine Wiederholung sachgerechter sein? Für Essen vielleicht, aber sicher nicht für den SC Preußen Münster, der dann doppelt bestraft wäre – erst durch Verletzungen und dann durch ein erneutes Spiel unter ganz anderen Bedingungen? Ein Spiel, das schlimmstenfalls sogar verloren würde? Das soll dann sachgerecht sein? Nein, unter keinen Umständen. Ein Einspruch, wie ihn Essen überlegt, kann nur und muss zum Scheitern verurteilt sein. Es gibt überhaupt keine Grundlage dafür, weder moralisch noch nach der Spielordnung.

Als Gastgeber muss ich verantwortlich sein und mich auch so zeigen, selbst wenn nur einzelne Gäste bösartig sind. Dann muss ich die Stadiontore eben besser bewachen, anders geht es nicht. Und wenn die Kontrollen nicht besser werden können, muss ich eben Verantwortung übernehmen.

Der SCP sagt: Wir hätten das gerne sportlich ausgespielt. Und so werden auf einschlägigen Seiten wie Facebook aus Essener Richtung nun Fragen aufgeworfen, warum sich der SCP dann nicht für ein Wiederholungsspiel ausgesprochen habe? Nun, weil das eine unsinnige Logik ist, deshalb! Das Spiel in Essen wurde abgebrochen, weil zwei Preußenspieler verletzt worden sind. Nicht, weil der SCP plötzlich keine Lust mehr hatte. Und weil ein Wiederholungsspiel nichts mehr mit der „sportlichen Klärung“ zu tun gehabt hätte. Es wäre ein zusätzliches Spiel gewesen, unter vielleicht völlig anderen Bedingungen. Das ergibt keinen Sinn. Ohnehin ist Münster schon gestraft genug: Neben den verletzten Spielern verlor der SCP wenige Tage danach seine Partie in Rödinghausen – darf man völlig ausschließen, dass die Umstände des Essen-Spiels die Leistung und Konzentration beeinflusst haben könnten?

Jetzt ist aber klar: Essen muss seine Tore besser bewachen, Missbrauch wird Tür und Tor verschlossen, Regeln sind Regeln – so überrascht kann man bei RWE auch nicht sein über deren Anwendung.