Preußen Münsters bemerkenswerter Aufschwung

Preußen Münsters bemerkenswerter Aufschwung

4. März 2024 4 Von Carsten Schulte

Es ist eigentlich ein Treppenwitz. Nach fünf Spieltagen lag der SC Preußen Münster in der Tabelle der 3. Liga auf Rang 18 und hatte gerade einmal vier Tore erzielt – nur Schlusslicht Freiburg II hatte noch einen Treffer weniger erzielt. Nach acht Spieltagen hatte Freiburg den SCP nach Toren sogar überholt, ganze sieben Treffer standen da beim SCP in der Bilanz. Was für ein Unterschied zum März 2024 …

Nach dem 3:2-Sieg in Aue zeigt sich ein ganz anderes Bild. Jetzt stehen 50 Saisontore im Haben – das ist Bestwert der 3. Liga. Ist das zu fassen?

Entscheidenden Anteil daran trägt Münsters Sturmduo Grodowski/Batmaz. Nach überschaubarem Start in die Saison profitierten beide von wiederholten Startelfeinsätzen und der nun anderen Grundordnung der Mannschaft. Gerade Grodowski trifft seit der Winterpause unnachahmlich, neuerdings legt auch Batmaz wieder zu.

Mit 14 Toren (Batmaz) und 13 Toren (Grodowski) kommen beide zusammen auf 27 Treffer, mehr als die Hälfte aller Preußentore. Zwei Topscorer im eigenen Team? Das sind eigentlich Werte eines Spitzenteams, doch Moment: Sind die Preußen nicht irgendwie genau das? Ist das noch Zufall, dass die Preußen nach 28 Spieltagen Vierter der 3. Liga sind? Ist es Zufall, dass der SCP seine Tore effizient erzielt und damit stabil punktet? Ist es Zufall, dass die Adlerträger souveräner Tabellenführer in der Rückrunde sind? 21 Punkte holte der SCP in neun Spielen. 2,33 Punkte im Schnitt. Mit so einem Schnitt über die gesamte Saison wären die Preußen am Saisonende klarer Aufsteiger und hätten fast 89 Punkte geholt. Ist das zu fassen?

Jetzt liegt der SCP auf dem vierten Platz, mit einem stabilen Torverhältnis von plus 13 – und auch dieses Torverhältnis hält dem Vergleich stand. Mit den Spitzenteams (Ulm plus 14, Regensburg plus 10, Dresden plus 18), mehr noch aber mit der Konkurrenz. Die kommt deutlich schlechter daher, was letztlich noch immer einen Extrapunkt wert ist.

Natürlich weckt das Erwartungen, plötzlich sind in einschlägigen Medien wie „Kicker“ oder „Reviersport“ passende Berichte und knackige Überschriften zu lesen. Von der 2. Bundesliga ist da die Rede. Das ist natürlich deutlich übertrieben und vorschnell. Ist es das?

Ganz sicher tut der SCP – wie immer – gut daran, die Euphorie im Umfeld nicht auf die eigenen Schultern zu nehmen. Wovon auszugehen ist, dass in der Kabine sehr wohl über Begehrlichkeiten gesprochen wird. Die Spieler kennen die Tabelle und werden sich auch Ziele setzen. Der Klassenerhalt ist sicher keines mehr.

Es ist einfach ein angenehmer Moment. Nach drei Jahren Regionalliga und zuvor vielen Jahren schwindender Leistungen in der 3. Liga tut es wohl allen Preußen gut, als Aufsteiger eine Drittliga-Saison zu erleben, die nicht nur so lala ist und Abstiegskampf bereit hält, sondern plötzlich Optionen auf mehr bietet und einfach Spaß macht. Der eher schnörkellose Tempo-Fußball der Preußen bringt auch das Publikum auf Touren. Und das dankt mit bemerkenswerten Zuschauerzahlen. Mit über 10.000 Zuschauern im Schnitt ist der SCP Welten entfernt von seiner eigenen, oft eher mauen Vergangenheit.

Anders gesagt: Das Aufstiegsjahr in der Regionalliga West war schön, es machte Laune. Aber mit dieser Saison in der 3. Liga, gegen Teams wie Bielefeld, Essen, Duisburg, Dresden oder 1860 München, kann die Aufstiegssaison nicht mehr mithalten. Das ist buchstäblich eine andere Liga.