Preußen-Aufstieg? Und was, wenn nicht …?

Preußen-Aufstieg? Und was, wenn nicht …?

8. April 2024 3 Von Carsten Schulte

Man wird sich ja wohl noch mal kneifen dürfen, oder? Wenn der Blick auf die Tabelle der 3. Liga fällt, dann kommt man als Preußenfan (trotz der jüngsten Niederlage) aus dem Staunen nicht heraus. Ein erneuter Aufstieg ist möglich, machbar, aus eigener Kraft sogar. Die Träumerei von der 2. Bundesliga geht weiter. Und was, wenn es am Ende doch nicht reicht? Ist der SCP dann irgendwie gescheitert? Um das vorwegzunehmen: Nein.

Vielleicht muss man sich das noch einmal vor Augen führen. Zuletzt spielte der SC Preußen 1991 in der 2. Bundesliga. Da waren viele der heutigen Fans in der Kurve noch nicht einmal geboren. Was für ältere Fans ein Start in die eigene Preußenzeit war, ist für andere nur noch Hörensagen, Geschichte(n) von früher. Schon ein Blick auf die Spielklasse zeigt, wie sich der Fußball verändert hat. Damalige Gegner wie BW 90 Berlin gibt es in dieser Form gar nicht mehr, der FC Homburg war gerade aus der Bundesliga abgestiegen, der TSV Havelse und der 1. FC Schweinfurt waren so ein bisschen die Prügelknaben der Liga, in der sich sonst längst etablierte Klubs wie der SC Freiburg, Mainz 05, Schalke 04 oder Hannover 96 tummelten, aber auch kleinere Vereine wie Fortuna Köln, die Stuttgarter Kickers oder RW Essen.

Das alles wird im Frühsommer 33 Jahre her sein. Vier Punkte fehlten dem SCP 1991 zum Klassenerhalt, eine 2:3-Heimniederlage gegen Mainz 05 war das bis heute letzte Zweitligaspiel der Adler. Und nur vier Punkte sind es heute bis zu einem direkten Aufstiegsplatz. Auf dem Relegationsplatz stehen die Preußen ja bereits. Das lässt die Hoffnungen wachsen. Die Preußen haben es noch immer in der eigenen Hand, die (direkten) Aufstiegsplätze zu erreichen – zumal beispielsweise Regensburg und Ulm noch gegeneinander spielen – und auch Regensburg gegen Dresden. Da gehen an der Spitze durchaus noch Punkte verloren.

Aber falls es am Ende nicht reicht, wird da sicher eine Enttäuschung sein – schließlich schnupperte der ganze Klub ja doch kräftig am „Leckerli“, um das mal etwas flapsig zu schreiben. Aber die Enttäuschung wird/würde sich schnell wandeln in die Freude über eine grandiose erste Saison nach der Drittliga-Rückkehr. So oder so hat der SC Preußen schon jetzt bewiesen, dass ein Aufstieg nicht undenkbar wäre. Und die Zeiten von „die wollen ja eh nicht aufsteigen“ sind längst vorbei. Würde diesem SC Preußen irgendjemand den Willen absprechen, einen erneuten Aufstieg zu schaffen? Sicherlich nicht.

2001 und 2013 schrammte der SCP jeweils knapp vorbei. Das waren aber unerwartete Zufallstreffer. Damals, zum Start des neuen Jahrtausends, hatte sich der SC Preußen gerade so mit einem 4:1-Sieg im „Endspiel“ gegen Verl in die neue Regionalliga Nord gerettet. Erinnert sich noch jemand? Dass unter Stefan Grädler dann im Frühjahr 2001 fast ein Aufstieg heraussprang, kam überraschend. Und auch die starke Saison 2012/2013 hatte sich nicht abgezeichnet – ihr Ende war bitter. Und die legendäre 72-Punkte-Saison ohne krönenden Aufstieg wirkte nach. Sie setzte die Erwartungshaltung im Umfeld, aber auch im Klub selbst hoch und sorgte für einen ungesunden Druck.

Behutsam entwickelt

Das alles fühlt sich diesmal nicht so an. Eher im Gegenteil. Der SC Preußen strukturiert sich seit 2020 behutsam um, arbeitet nachhaltig an seiner Entwicklung, intern, aber auch mit Blick auf Mannschaft und Infrastruktur. Das fühlt sich an wie ein Klub auf dem Weg. Jetzt wirkt es, als habe der SCP eine Abkürzung in den Profifußball gefunden – aber falls die in einer Sackgasse endet, kann der Klub aus eigener Kraft wieder umdrehen und auf einer anderen Straße weiterfahren. Das Ziel bleibt dennoch erreichbar – so fühlt es sich an. Und das war in der Vergangenheit nicht oft der Fall.

Zur Erinnerung: In der ersten Phase der Drittliga-Zugehörigkeit zwischen 2011 und 2020 verlor der SCP irgendwann die Orientierung. Da war zunächst der Wunsch, erst einmal in der Liga anzukommen. Dann gab es unerwarteten Erfolg, ein Scheitern. Und dann war es ein ständiges Auf und Ab mit kurzen Hoffnungsschimmern, aber mehr Rückschlägen. Das zeigte sich nicht nur in wiederholten Umbauten der Mannschaft, sondern auch in einer bemerkenswerten Zahl an (völlig unterschiedlichen) Trainertypen. Fascher, Dotchev, Loose, Steffen, Möhlmann, Antwerpen, Hübscher – das waren sechs Trainer in acht Jahren. Dazu noch zwei Interimstrainer. So kann Entwicklung nicht funktionieren. Und es funktionierte eben auch nicht.

Die Achse Niemeyer/Hildmann sorgt seit 2020 für Kontinuität, getragen von einer unaufgeregten Klubführung und Aufsichtsrat. Es gibt keine Lautsprecher, es ist keine Zeit für knallige Sprüche. In Münster wird mehr gemacht, weniger geredet. Das ist ein ganz dickes Pfund. Und die Fans honorieren das. Die schieren Zuschauerzahlen haben praktisch keinen Vergleichswert in den vergangenen Jahrzehnten. Die Akzeptanz und die Begeisterung für den Klub wächst eher. Was ist da noch alles möglich?

Und falls der SCP am Ende doch nur Vierter oder Fünfter wird, dann war es nach der ersten Enttäuschung eine starke Saison, die viele Fans zum Träumen brachte und im Stadion mitriss. Und die Saison wäre dann eben auch kein Mahnmal fürs Scheitern, sondern ein Versprechen für die Zukunft. Das scheinen auch die Fans so zu spüren: Pfiffe nach dem Spiel gegen Regensburg gab es nämlich nicht, stattdessen lauten Applaus. Nein, dieser Mannschaft wird niemand böse sein.

Im Fußball ist nichts für die Ewigkeit, das wissen alle. Abstiege und Rückschläge gehören dazu. Aber jetzt ist nicht diese Zeit. Jetzt ist einfach Zeit fürs Mitzittern und Freuen. So oder so, das passt.