Ole Kittner: „Keine Käseglocke über dem SC Preußen“

Ole Kittner: „Keine Käseglocke über dem SC Preußen“

10. Juni 2024 4 Von Carsten Schulte

Münster – Welche Rolle spielt eigentlich der Profifußball für den SC Preußen Münster, die Stadt und die Menschen darin? Eine Frage, die sich spätestens seit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga durchaus stellt, die aber auch eine fundamentale Frage ist. Darüber diskutierten am Wochenende auf Einladung der SPD Preußens Geschäftsführer Ole Kittner, Autor Dietrich Schulze-Marmeling und SPD-Ratsherr Philipp Hagemann mit der in Münster lebenden Bundesministerin Svenja Schulze.

Artikelfoto: Gäste beim Talkabend: Ole Kittner, Gastgeberin Svenja Schulze, Dietrich Schulze-Marmeling, Christoph Strässer, Madita Fester und Philipp Hagemann (v.l.)

In der Haupttribüne des Stadions (wo sonst?) ging es im Kern der von der SPD organisierten Veranstaltung „Am Ball bleiben“ um die Rolle, die der SC Preußen spielt und wie er damit wahrgenommen wird. Und wie ist diese Rolle? Das zeichneten alle Beteiligten in der Sache ähnlich, wenngleich aus verschiedenen Blickrichtungen.

Dietrich Schulze-Marmeling sprach über das veränderte Selbstverständnis des Klubs und darüber, wie andere Klubs als Vorbild hätten dienen können – wenn sich nicht die Preußen lange selbst im Weg gestanden hätten. Wolkenkuckucksheime statt eines klaren Plans: So in etwa könnte man es formulieren. Schulze-Marmeling warb für Ruhe. „Langfristig denken, Rückschläge analysieren, Ruhe bewahren – und auch die Menschen im Klub qualifizieren.“ Immer wieder zog er Parallelen zu Klubs wie Darmstadt oder eben Freiburg, die ganz bewusst viel Geld in die Infrastruktur gesteckt hätten, nicht nur ins jeweilige Stadion, sondern auch in die Nachwuchsabteilungen.

Jetzt, mit Blick auf die 2. Bundesliga, gab er ein mögliches Ziel vor: Das Jahr mitnehmen, etwas Geld zur Seite legen und sich nach einem zumindest vorstellbaren Abstieg dann in Ruhe weiterzuentwickeln. Natürlich verwies er auch wieder auf Preußens Nachwuchsbereich, der in den beiden höchsten Jugendspielklassen ebenfalls einen Doppelaufstieg verbuchen konnte.

SPD-Veranstaltung „Am Ball bleiben“ – mit Bundesministerin Svenja Schulze als Moderatorin.
SPD-Veranstaltung „Am Ball bleiben“ – mit Philipp Hagemann.
SPD-Veranstaltung „Am Ball bleiben“ – mit Dietrich Schulze-Marmeling.

Mit seiner Mahnung zu langfristigen Konzepten traf Schulze-Marmeling aber ziemlich exakt die Vorstellungen von Ole Kittner. „Unser Kernauftrag ist natürlich der Leistungssport – aber mit Leitplanken“, formulierte er. Heißt: Sportlicher Erfolg nicht um jeden Preis. Sondern auch mit der Chance, selbst eine Plattform zu sein für Persönlichkeitsentwicklung über das verbindende Element Sport. Und mehr noch: „Es hängt keine Käseglocke über dem SC Preußen Münster.“ Der SCP mag sportlich herausragen in der Stadt, aber er steht eben nicht allein und für sich da. Auf ihn konzentrieren sich Erwartungen und Hoffnungen, hier spiegele sich auch eine Diversität, die an vielen Stellen in Münster eben nicht anzutreffen sei, wie Schulze-Marmeling noch ergänzte.

Keine Frage: Kaum ein anderer Kulturbereich umfasst und berührt so viele unterschiedliche Menschen und Milieus wie der Fußball. Und auch darum gehe es.

Vielleicht fasste es Münsters Stadtdezernent Wolfgang Heuer mit seiner Wortmeldung aus dem Publikum ganz gut zusammen: „Ich bin fasziniert, welche Sprache der SC Preußen Münster heute spricht.“ Das traf durchaus diesen Kern der Veranstaltung. Der SCP hat Demut gelernt, Sachlichkeit. Übrigens auch ein großes Verdienst von Ex-Präsident Christoph Strässer, der als Gast ebenfalls vor Ort war und am Rande befragt wurde. „Wir haben gelernt, dass man auch mal etwas zurückstecken muss“, so Strässer über die früheren Kämpfe mit der Stadt Münster. „Und der SC Preußen war eben oft nicht wirklich Teil der Sportgesellschaft in der Stadt.“ Mit der Veränderung in der Außendarstellung sei auch die Unterstützung von außen gewachsen – beispielhaft hob Strässer den Stadtsportbund hervor, der den SCP auch gegen Misstrauen aus anderen Sportklubs der Stadt verteidigt habe. Wie sagt man? Wie man in den Wald hineinruft, so …

SPD-Veranstaltung „Am Ball bleiben“ – mit Ole Kittner.

Typisch auch für diesen Abend: Kampfansagen an die 2. Liga machte niemand. Zwar erhoffte sich Ole Kittner als Saisonziel den Klassenerhalt – verwies aber auch noch einmal deutlich auf den groben Wettbewerbsnachteil gegenüber allen anderen Zweitligisten. Deutlich weniger Geld, ein marodes Stadion mit sinkenden Möglichkeiten in den kommenden zwei oder drei Jahren: Da stellt sich der SCP zunächst ganz weit hinten an. Und doch gibt es Hoffnungszeichen: Dass es dem SCP wieder gelingen kann, eine Mannschaft auf den Platz zu schicken, die Lust auf den Klub und die Aufgabe hat. So punkteten die Preußen in den vergangenen Jahren, so soll es auch beim Kraftakt Klassenerhalt sein.

Wozu übrigens auch die Sponsoren zählen, wie beispielsweise Wolfgang Heuer erwähnte. Auch hier sah er sich auf einer Wellenlänge mit Kittner. Der betonte, dass es mangels Großindustrie in Münster darum gehen müsse, den starken Mittelstand, die inhabergeführten Unternehmen als Partner an Bord zu holen. „Wir achten heute schon darauf, dass unsere Partnerschaften authentisch sein“, sagte Kittner – was man sicher auch am Trikotsponsor Fiege sehen kann. Dieses Pfund zu stärken, sei jetzt eine Aufgabe. Und noch mehr gibt es: Synergien zu schaffen zwischen den drei großen Sportklubs in Berg Fidel, neben den Preußen eben auch USC Münster und WWU Baskets. „Da schauen wir genau hin, wo es Potentziale gibt.“

Ratsherr Philipp Hagemann, u.a. Vorsitzender des Sportausschusses, betonte, dass es in der Stadt Münster grundsätzlich darum gehe, die Sportstätteninfrastruktur überall zu verbessern. Man seit derzeit mit einer Bestandsaufnahme mit einer Stuttgarter Agentur beschäftigt, in der Bedarfe ermittelt werden, auf deren Grundlage die Stadt dann Gelder zur Verfügung stellen könne.

Kurzkommentar: Warum ist es eigentlich oft (oder fast immer) die SPD, die sich Veranstaltungsformate wie dieses am Samstag einfallen lässt? Schon im Zuge der langjährigen Stadiondebatte war es oft die SPD, die Fans und Interessierte einlud, über die Planungen und auch Wünsche zu sprechen – damals noch unter Fraktionschef Michael Jung. Jetzt stand sogar eine Bundesministerin als Moderatorin parat, um sich dem Klub und seiner Wahrnehmung zu nähern. Parteipolitik stand dabei trotz mancher Verbindungen der Gäste oder Teilnehmer nicht im Fokus. Sie beschränkte sich auf die Bitte, am Sonntag wählen zu gehen. Andere Parteien sind nicht tatenlos – die Grünen beispielsweise führen viele Gespräche im Hintergrund, etwas abseits der Öffentlichkeit. Sicher hat sich auch das Verhältnis der Politik zum SC Preußen enorm verändert, das klare Handeln für einen Stadionumbau an der Hammer Straße ist sichtbar. Die CDU war gerade erst vor wenigen Tagen mit einer Fraktionsabordnung zu Gast im Stadion – aber das reichte dann am Ende nur zu einer Pressemitteilung. Etwas mehr Öffentlichkeit, im Sinne des gemeinsamen Weges – wäre das nicht etwas?