Neidhart entlassen: RW Essen sucht die „letzte Patrone“

Neidhart entlassen: RW Essen sucht die „letzte Patrone“

5. Mai 2022 5 Von Carsten Schulte

Der SC Preußen Münster bereitet sich in Ruhe auf das Spiel in Wiedenbrück vor. RW Essen schaltet vor der Partie in Lotte gegen Rödinghausen dagegen in den Panikmodus. Am Donnerstag entließ der Klub seinen Trainer Christian Neidhart.

Die Regionalliga West wird zum Saisonfinale hin noch eine Spur dramatischer. Beispiele? Fortuna Köln stellte gerade seinen künftigen Trainer Markus von Ahlen vor. Der wiederum steht noch beim Bonner SC unter Vertrag. Beziehungsweise stand, denn nach dem Bekanntwerden des Wechsels warf Bonn von Ahlen direkt raus. Der Wechsel kam dort wohl nicht gut an.

Nicht gut kam in Essen das Pokal-Aus in Wuppertal an. Im Halbfinale des Landespokals unterlag RW Essen nach schwacher Leistung mit 1:3. Der DFB-Pokal findet also erneut ohne RWE statt, es gibt kein zusätzliches Geld. Das zusammen mit den sportlich teilweise mageren Auftritten der Rot-Weißen sorgte beim Klub von der Hafenstraße offensichtlich für Panik. Am Donnerstag warf RWE seinen Trainer Christian Neidhart raus – zwei Spieltage vor Saisonschluss. Das erinnert ein bisschen an den SCP selbst, der Anfang der 1990er-Jahre auch mal Hans-Werner Moors kurz vor dem Saisonfinale entließ. Aber in dieser Phase der Saison spricht das Handeln der Essener schon Bände über die interne Lage im Klub. Keine Spur von Einheit. Die Entlassung von Neidhart, der unter großem Getöse 2020 vom SV Meppen losgeist wurde, um in Essen Großes zu erreichen, ist ja auch ein Eingeständnis des Scheiterns. Die „totale Überzeugung“ sei abhanden gekommen, teilt der RWE mit. Der Trainerwechsel ist jetzt die bekannte letzte Patrone, der verzweifelte Versucht, die offensichtlich zaudernde Mannschaft von RWE irgendwie wachzurütteln.

Über ein Scheitern hatte Neidhart zuletzt selbst gesprochen, als er vor wenigen Wochen in einem Interview darüber sprach, gescheitert zu sein, sollte RWE den Aufstieg erneut vergeben. Und genau darauf deuten derzeit viele Zeichen.

Münster kann es nämlich ziemlich egal sein, was RW Essen oder sonstwer unternimmt. Zwei Siege und all das Gerede über Dennis Grote, Böllerwürfe, Christian Neidhart oder was auch sonst wäre überflüssig. Zuletzt hatte Neidhart immer wieder über Druck gesprochen. Druck, Druck, Druck, „brutaler Druck“. Für Münster, natürlich. Das klang so, als müsse RW Essen im Vorbeigehen seinen Job machen und dann würde es schon reichen für Essens Aufstieg. Fast selbstverständlich (im Nachhinein vielleicht auch trotzig) bedeutete das: Münster werde schon selbst seinen Job nicht machen. Es gehört zur hochspannenden Schlussphase der Saison, das ebendies noch eintreten kann. Natürlich ist es denkbar, dass Wiedenbrück ein Stolperstein wird. Oder Köln II. Berechenbar ist eben nichts – und gerade Essen ist im 14. Jahr ohne Profifußball bester Beleg dafür.

Aber wahrscheinlich? Erwartbar? Dafür hat der SCP zuletzt wenig Anlass zu Zweifeln gegeben. Zu souverän waren die Auftritte. Hält der SCP seine Konzentration und lässt sich nicht ablenken, spricht nichts gegen eine Aufstiegsparty am 14. Mai.

Aber darüber redet im Klub niemand, zumindest nicht öffentlich.

Neues aus Wiedenbrück

Derweil rechnet man in Wiedenbrück offenbar mit dem Schlimmsten. Die Lokalzeitung „Die Glocke“ spricht von angeblich über 3.000 anreisenden Preußenfans – eine Aussage an der Grenze zur Lächerlichkeit. Solche Erwartungen sorgen aber in Wiedenbrück für gewisse Sorgen. Wiedenbrücks Vorstandsmitglied Karsten Bansemer (betreibt einen Sicherheitsdienst) sagt dort, man sei „auf das Schlimmste vorbereitet“. Eigens installierte Sichtschutze sollen die angeblich ohne Tickets anreisenden Fans davon abhalten, das Spiel zu sehen, man rechne mit Pyrotechnik. In dem Kontext verwundert es, wie der Verband dieses Hochrisikospiel nicht in ein anderes Stadion verlegen ließ, während die Essen-Partie eilig nach Lotte verlegt wurde. Man muss nicht alles verstehen.

Am Ende ist das alles nur das Drumherum. Auf dem Platz findet Wichtigeres statt.