Die Joker und das Team

Die Joker und das Team

25. Februar 2024 1 Von Carsten Schulte

Medial überschlug sich alles. Trainer Sascha Hildmann habe wohl das „goldene Händchen“, wie unter anderem Magentasport vorschlug. Schon wieder habe der Trainer den Sieg eingewechselt, die Joker hätten es gerichtet. Das ist alles richtig und auch irgendwie ein bisschen zu kurz gesagt.

Fakten: 12 der 47 Preußen-Tore erzielten Spieler, die eingewechselt wurden. Die 12 Tore verteilen sich dabei auf 5 Spieler, nämlich Malik Batmaz (2 Tore), Andrew Wooten (2), Joel Grodowski (2), Yassine Bouchama (3) und Gerrit Wegkamp (4). Alle fünf trafen, nachdem sie eingewechselt wurden – bei Batmaz und Grodowski war das eher zu Saisonbeginn der Fall, bevor sie zum Startelf-Duo wurden. Gerrit Wegkamp trifft zudem seit Jahresbeginn verlässlich(er). Er steht damit auch stellvertretend für den Aufschwung der Mannschaft.

Wie auch immer: Die 12 Tore durch eingewechselte Spieler bedeuten tatsächlich den Ligaspitzenwert, wenn auch knapp. Dynamo Dresden traf in immerhin 11 Spielen durch „Joker“, Essen und Ulm jeweils in 10 Spielen. Zum Vergleich die Klubs am unteren Ende dieses Rankings: Unterhaching, 1860 München (jeweils 3) Schlusslicht SC Freiburg II, Halle und Ingolstadt (jeweils 4) waren nicht so erfolgreich.

Zudem führt der SC Preußen diese besondere Tabelle auch an anderer Stelle an. Von den 47 Toren erzielte der SCP nämlich rund 25,5 Prozent durch sogenannte Joker. Der Ligaschnitt (insgesamt 135 Joker-Tore) liegt bei 17,9 Prozent und Dynamo Dresden als Zweiter liegt bei 23,4 Prozent.

Die Fokussierung auf die Einwechslungen, die Joker, liegt nahe, weil sich daraus eine Geschichte erzählen lasst. Die Geschichte kann aber anders erzählt werden. Sie handelt von einer Mannschaft – und so würde sie vermutlich auch Sascha Hildmann erzählen. Wie oft hat er in den vergangenen Jahren darauf verwiesen, dass alle Spieler einer Mannschaft gebraucht würden? Dass alle ihre Rolle spielen und Einsatzzeiten erhielten? Das ist ein Mantra, das der SCP auch durchaus mit Leben füllt – wenngleich innerhalb bestimmter Grenzen, denn bei einem Kader mit 25 Profis ist es mit der Gerechtigkeit so eine Sache. Am Ende gibt es ein paar Spieler, deren Rollen im Team klar vergeben sind und die damit einfach gesetzt sind. Aber den Erfolg einer Mannschaft sichert nicht nur die erste Elf. Sondern der Kader insgesamt mit seinem Verhalten.

Nicht zufällig hatte Hildmann nach dem 3:0 in Lübeck betont, dass die Mannschaft auch außerhalb des Platzes noch mehr zusammengewachsen sei. Das sagte nach dem Sieg gegen Duisburg dann auch Rico Preißinger, der ja selbst als „Joker“ ins Team kam – für Sebastian Mrowca nämlich, den er gerade in den Wochen zuvor noch vertreten hatte. Er war da, als es notwendig war – und rückte auch raus, als es angesagt war. Preißinger bestätigte, was Hildmann schon Tage zuvor gesagt hatte. „Wir haben uns als Team gefunden. Und das ist in der 3. Liga schon entscheidend.“ Preißinger nahm sich dabei selbst gar nicht als Beispiel, sondern verwies eher an Thorben Deters. „Wenn ich sehe, wie lange er außen vor war. Jetzt ist er von Anfang an im Team, als wäre er nie weg gewesen. Ich glaube, jeder hier gönnt es jedem, wir sind eine richtige Einheit.“

Das es der Ehrgeiz der Spieler auf der Bank ist, in die Startelf zu rücken, hat damit auch nichts zu tun. Das will jeder Sportler. Vermutlich auch deswegen wollte Doppel-Torschütze Gerrit Wegkamp auch gar nichts davon wissen, dass er mit seinen Jokertoren letztlich nur seinen eigenen Bankplatz zementiere. „So darfst du nicht denken“, meinte er nach dem Duisburg-Spiel.

Viel mehr – und das ist der entscheidende Punkt – ist es so, dass der Kader kein allzu großes Gefälle aufweist. Mit Spielern auf der Bank wie Preißinger, wie Wegkamp, Alexander Hahn oder auch Thomas Kok oder sogar Dennis Grote wechselt sich der SCP in vielen Spielphasen eben nicht schlechter, sondern bringt neue Qualität auf den Platz. Die sogenannten Jokertore sind kein Zufall, sondern Ausdruck eines stabilen Niveaus. Für jene auf der Bank ist es dann einfach Pech, wenn gerade jemand anders noch einen Tick stärker ist.

So wertete es dann auch Gerrit Wegkamp – wenngleich ohne übertriebene Begeisterung über seinen Bankplatz. „Es ist einfach so, dass der Kader sehr gut besetzt ist. Da kann man viel herausholen und das zeigen wird derzeit.“ Es sei also tatsächlich kein Zufall, dass Spieler eingwechselt werden könnten, die dann auch treffen. „Das zeichnet uns einfach aus.“

Damit das so bleibt, steht die Mannschaft als Ganzes auf dem Platz. Und heißt es nicht seit einiger Zeit stets nach den Spielen: „Alle zusammen“?