„Das tut sehr weh“

„Das tut sehr weh“

5. September 2019 1 Von Carsten Schulte

Hinten jubelte der SV Rödinghausen, nur wenige Meter vor dem Block der völlig konsternierten Preußenfans. Gerade hatte Lars Lokotsch den letzten Elfmeter für den SVR verwandelt – und Preußen Münster damit aus dem Wettbewerb geworfen. Und während dort gefeiert wurde, stellte sich der SCP wie immer nach Spielen noch auf dem Feld zusammen. Ein Häufchen Elend im Nieselregen.

Der Ticker zum Nachlesen

Dann marschierten die Preußen zum Spielertunnel, direkt neben den eigenen Fans. Dort aus dem Block gab es unterschiedliche Signale. Ein bisschen aufmunternden Applaus, aber auch reichlich bittere Worte. So richtig klar war die Gefühlslage nach dem Aus im Elfmeterschießen nicht, aber der Frust musste irgendwie raus.

In der sogenannten Mixed Zone, in der Spieler und Journalisten miteinander sprechen können, stapften die meisten Preußen missmutig und mit ausdruckslosen Mienen Richtung Kabine. Vorbei am obligatorischen Nudelgericht und Salat.

Natürlich stellten sich die Preußen den Fragen. Und ebenso natürlich fiel auch das Fazit aus. „Wir sind sehr enttäuscht“, brachte Simon Scherder heraus – aber erst nach einigen Sekunden des Sortierens. „Das war ein typisches Pokalspiel. Wir haben uns reingeworfen, im Vergleich zu Rostock um 90, um 100 Prozent gesteigert.“ Aber so ein Spiel zum dritten Mal gegen den gleichen Gegner zu verlieren? „Das tut sehr weh.“

Scherder hatte alle drei Pokalniederlagen mit dem SCP erlebt, zweimal auf dem Platz, einmal als Zuschauer (während seiner Kreuzbandverletzung Anfang 2016/2017). Scherders Einschätzung über die Steigerung zu Rostock deckte sich weitgehend mit den Aussagen seiner Kollegen und des Trainers.

Denn die Preußen hatten das robuste Spiel der Gastgeber durchaus angenommen, hielten dagegen. Die Rollenverteilung war ja klar: Hier der SC Preußen, zuletzt mit Negativerlebnissen und nicht mit breiter Brust, dort der Tabellenführer der Regionalliga, der Klub ohne großen Druck.

Westfalenpokal: SV Rödinghausen gegen Preußen Münster. Jubel nach dem letzten Elfmeter.

Kapitän Julian Schauerte (am kommenden Sonntag zu Gast bei der 7. Preußen-Matinee) sah einen typischen „Pokalfight“. Wenig Torchancen auf beiden Seiten. „Das war ein Abnutzungskampf“, so Schauerte. „Wir haben gekämpft, haben Mentalität reingebracht. Das 0:0 war am Ende auch gerecht so und das Elfmeterschießen ist halt immer ein bisschen Glückssache.“ Es sei wie im DFB-Pokal: Der unterklassige Klub hat viel zu gewinnen, der Klassenhöhere hat den Druck. „Natürlich wollten wir den Sieg mitnehmen, das war sehr wichtig. Und deswegen sind wir jetzt auch enttäuscht.“

Das Team bringe derzeit nicht das Selbstvertrauen mit, habe aber dagegenhalten wollen. „Dass Rödinghausen auch eine gute Truppe ist, haben sie in der Liga gezeigt.“

„Ein Fortschritt“

Torwart Max Schulze Niehues hatte gegen Rödinghausen nur wenig zu tun – ganz anders als noch in Rostock. Ein-, zweimal musste er eingreifen, aber insgesamt kam ja auch Rödinghausen nicht zu vielen Chancen. „Was das Engagement betrifft, war das ein Fortschritt zu Rostock“, so der Torwart. „Wir haben den Kampf angenommen, aber uns fehlte die letzte Torchance. Es war das erwartet ekelhafte Spiel.“

Die Preußen mussten personell etwas umbauen. Lucas Cueto fehlte angeschlagen mit noch nicht genauer diagnostizierten Beschwerden. Damit war eine Offensivvariante außen vor. Rufat Dadashov weilt bei der Nationalmannschaft. Später im Spiel bekam Luca Schnellbacher einen Schlag – vermutlich in einer Szene im Rödinghauser Strafraum, in der er sich vehement beschwerte und einen Strafstoß forderte. Sein Wechsel wurde nötig, obschon Philipp Hoffmann eigentlich hätte eher gehen sollen. Er machte dann nach 87 Minuten mit Krämpfen Platz für Niklas Heidemann.

Erstmals am Ball war Neuzugang Alexander Rossipal, der in der ersten Hälfte manchmal noch etwas unsicher agierte, später aber stärker wurde. „Normal“ sei das, befand Trainer Sven Hübscher. „Er muss ja erst reinkommen und sich ins Team finden.“

Was leider wieder auffällig war: Der SC Preußen tut sich sehr schwer, echte Chancen zu erspielen. Im eigenen Stadion klappte das bisher besser – das mag auch einfach eine Eigenart der 3. Liga sein. Die Heimteams arbeiten anders, Gästeteams spielen auswärts anders als zuhause. Aber in allen bisherigen Auswärtspartien endeten die Ideen des SCP fast immer an der Strafraumgrenze bzw. davor. So sah es auch Kapitän Schauerte: „Wir tun uns einfach schwer, Torchancen zu kreieren.“ Und es ist ja nicht so, als arbeite der SCP nicht daran. Noch am Tag vor dem Pokalspiel ging es im Training im Abschlüsse, direktes Spiel.

Die Aufgabe: „Wir wollten mehr Bälle in den Strafraum bringen“, so Sven Hübscher. Das sei in der zweiten Halbzeit etwas besser gelungen, so der Trainer. Das gilt in Phasen, aber nicht insgesamt. Tatsächlich gab es nicht allzuviele Szenen, die als gefährlich einzustufen waren. Ein Torschuss von Schnellbacher nach 60 Minuten, ein Torschuss von Heinz Mörschel aus der Distanz (77.). Und zwischendrin die wohl heikelste Szene des Spiels, als der SCP gleich mehrfach den Ball im Gewühl nicht im Tor der Gastgeber unterbrachte. Da hatten die Gastgeber das Glück, das den Preußen fehlte. Denn es dürfte auf der Hand liegen: Wäre hier das Tor für den SCP gefallen, hätte das viel von einer Entscheidung gehabt.

Es ist ein bisschen so, wie es Fridolin Wagner formuliert. Der SCP sei nah dran, Spiele zu gewinnen. Es fehlten halt noch einige, wenige Prozent. Das ist keine Ausrede, es trifft die Sache durchaus. Hoffnungslos unterlegen war der SCP bisher in keiner Partie – von einer Halbzeit in Duisburg abgesehen. Es sind Kleinigkeiten, etwas Glück vielleicht auch, das dem SCP derzeit abgeht.

Bitter, dass sich diese wenigen Prozente derzeit oft in Niederlagen ausdrücken.