„Das letzte Bier geht auf uns“: Emotionaler Abschied für Siggi Höing

„Das letzte Bier geht auf uns“: Emotionaler Abschied für Siggi Höing

11. Dezember 2023 2 Von Carsten Schulte

Es gibt sicher eine erhebliche Zahl an Preußenfans, die den Sportclub gar nicht ohne Siggi Höing kennen. Seit 2006 sitzt er im Präsidium des Vereins – nachdem er vor wenigen Tagen seinen Abschied angekündigt hatte, wurde er vor dem Spiel gegen den SC Verl verabschiedet. „Siggi“, wie Siegmund Höing eigentlich von allen und überall gerufen wird, hat dem Klub einiges gegeben, musste auch einiges einstecken – und gehörte zu den letzten verbliebenen Verantwortlichen aus alten Zeiten.

Im strömenden Regen erhielt Höing vor dem Spiel gegen Verl das obligatorische Abschiedsfoto und blumige Worte. So wie sich das eben gehört.

Und nach dem offiziellen Abschied auf dem durchweichten Rasen gab es einen inoffiziellen Abschied vor der Fiffi-Gerritzen-Kurve. „Das letzte Bier geht auf uns. Danke Siggi“, war da in der Kurve zu lesen und was diese Geste bedeutete, wissen vor allem die, die schon länger dabei sind.

Es gab Zeiten, da war das Verhältnis nicht mehr in Ordnung. Höing war im Vereinsvorstand für Sponsoren zuständig. Und für Fanbelange. Dass das knirschen muss, lag auf der Hand. Und es knirschte immer wieder. Was übrigens auch daran lag, dass Siggi Höing sich der Auseinandersetzung stellte, selbst als das im übrigen Vorstand nicht so gut ankam. Dass der Kontakt zwischen Fanszene und SC Preußen immer mindestens am seidenen Faden hielt statt abzureißen, war eben auch sein Verdienst. Die Prügel steckte er ein, wenn es notwendig war. Höing regte sich auf – aber regte sich auch stets schnell wieder ab. Dass manche Verabredungen nicht eingehalten wurde, brachte ihn über die Jahre immer mal wieder auf die Palme. Aber eben nur kurz. Das dicke Fell musste er sich zulegen, aber irgendwie wirkte das nicht bemüht. So ist er eben. Und so in etwa durfte man dann den freundlichen Gruß aus der Kurve einordnen.

Dass das bei Siggi Höing so ankam, konnte man sehen. Das war emotional, wie er da im Halbdunkel vor der Kurve stand und sich einen Abschieds-Applaus abholte.

Warum er ausgerechnet jetzt, doch eher aus heiterem Himmel, seinen Abschied nahm? Es sei an der Zeit gewesen, hatte er den „Westfälischen Nachrichten“ erzählt. Der Klub stünde vor vielfältigen Aufgaben wie dem Stadionbau, es gebe zudem eine neue Geschäftsführung ab Januar. Es seien „andere Ideen, es ist eine andere Zeit“. Er habe nicht mehr mit aller Macht „den alten Stil durchsetzen“ wollen. Kann man da zwischen den Zeilen lesen? Alles gut? Oder nicht mehr alles so wie früher? Vermutlich ein bisschen von allem.

Höing hat mit dem SC Preußen einiges durchlebt. Ins Amt rutschte er 2006, als der noch junge Vorstand um Marco de Angelis erst einmal eine kolossale Bauchlandung mit dem erstmaligen Abstieg in die Viertklassigkeit hinlegte. Höing half mit aufzubauen. Er erlebte die Wiederkehr 2011 mit. Er blieb im Amt, als im SC Preußen 2016 kein Stein mehr auf dem anderen blieb und Christoph Strässer als Präsident übernahm und ein ganz anderes Team einzog. Er erlebte die erfolgreiche Ausgliederung der Profiabteilung 2018 mit, nach der er etwas aus dem Rampenlicht verschwand. Die Tagesarbeit gehörte jetzt der KGaA, nicht mehr dem eingetragenen Verein. Von Siggi Höing war schon seit längerer Zeit öffentlich kaum etwas zu hören. Dabei blieb sein Engagement ja ungebrochen. Im Abstiegskampf der Saison 2019/2020 arbeitete er im Hintergrund unablässig, um Gelder für Nachverpflichtungen zu organisieren. Es reichte nicht, das wissen heute ja alle. Aber er war eben auch im Team, als sich der SCP in der Regionalliga neu formierte, einen Anlauf (na gut, drei Anläufe) nahm, um wieder zurück in der 3. Liga zu sein.

Jetzt kann er sein Amt guten Gewissens aufgeben. Aber dass ein kleines Stück Faden nun gerissen ist, lässt sich auch nicht verleugnen. Aber er ist ja nicht weg.