Schon ein Ausrutscher zu viel?

Schon ein Ausrutscher zu viel?

25. Februar 2022 0 Von Carsten Schulte

An „Tagen wie diesen“ wünscht man sich eher keine Unendlichkeit, frei nach den Toten Hosen. Was der SC Preußen Münster da in Rödinghausen ablieferte, war keine schöne Erinnerung für die Ewigkeit. Mit nüchternem Blick auf die beiden ärgsten Konkurrenten muss man eher sagen: Für die Aufstiegshoffnungen war es vielleicht schon der eine Ausrutscher zu viel.

Lasst Zahlen sprechen! In der weiter schiefen Regionalliga-Tabelle liegt Essen aktuell fünf Punkte vor dem SCP, Fortuna Köln drei. Beide Klubs haben jeweils ein Spiel weniger als die Preußen, so dass der Abstand im schlimmsten Fall auf acht (Essen) bzw. sechs (Köln) wachsen könnte.

MannschaftSp.ToreDiff.Punkte
1RW Essen2355:203556
2Fortuna Köln2339:132654
3SC Preußen Münster2443:172651
4RW Oberhausen2450:242647
5Wuppertaler SV2342:162646
6SC Wiedenbrück2637:191846
71. FC Köln II2651:341746

Nach Lage der Dinge könnte der SC Preußen die drei Punkt aus dem Spiel in Essen vom Sportgericht erhalten – dann wären es maximal 5 Punkte Rückstand auf Essen. Und Fortuna Köln vorerst Tabellenführer.

Bedeutet: Schärfster Konkurrent für RW Essen sind nicht die Preußen, sondern Fortuna Köln. Die Mannschaft des früheren Preußenspieler Alexander Ende hat sich ein bisschen unter dem Radar bewegt, weil sie in den vergangenen Wochen oft wegen mehrere Nachholspiele nicht ganz weit oben notiert war. Faktisch gewann Köln aber von den letzten 12 Spielen 11 – nur im Lokalderby gegen den 1. FC Köln reichte es nur zu einem Unentschieden. 11 Siege aus 12 Spielen! In den jüngsten fünf Spielen kassierte Fortuna nur noch ein Gegentor. Das ist aufstiegsreif.

Witzigerweise war es der SC Preußen Münster, der diese Entwicklung im vergangenen Oktober entscheidend anschob. Die 2:3-Niederlage der Preußen in Köln kam zu einer Phase, in der Fortuna gerade richtig Punkte gelassen hatte. Aus den sieben Spielen zuvor hatte Fortuna nur zwei Siege geholt, aber vier Unentschieden und die eine Niederlage im Spitzenspiel in Essen. Es wars Kölns einzige Saisonniederlage. Am 29. August 2021.

Das ist eben der zweite dicke Minuspunkt für den SCP. Der hat nun bereits drei Saisonniederlagen erlitten, darunter bekanntermaßen die in Rödinghausen, aber auch zwei gegen ausgerechnet Köln und Essen. Punktverluste, die man sich eben nicht leisten darf, wenn es so eng ist.

Trainer und Spieler des SC Preußen werden sagen, was sie immer sagen: Die Saison ist noch lang, es sind noch viele Spiele zu gehen. Das ist sicher korrekt; gegen Köln spielt der SCP ja in Kürze daheim und könnte den Abstand immerhin auf drei Punkte verringern. Aber nach 23 bzw. 24 Spielen ist schon ziemlich verlässlich zu sagen, in welche Richtung sich das alles entwickeln wird. Auf einen Kölner Einbruch muss wohl kein Fußballfan hoffen – und Essens Reaktion auf den Spielabbruch war ein 9:1-Kantersieg im Niederrheinpokal beim VfR Krefeld-Fischeln.

Die gute Nachricht: Essen hat noch die beiden Topspiele in Oberhausen und bei Fortuna Köln vor sich. Ach ja, und in Rödinghausen tritt RWE auch noch an. Köln spielt neben dem Topspiel gegen Essen noch in Münster und gegen Oberhausen. Die Preußen dagegen haben noch die Duelle in Wuppertal, gegen Köln und in Oberhausen vor der Brust. Zum neuen Tabellen-Sechsten Wiedenbrück müssen die Adler auch noch.

Anders gesagt: Zwar nimmt sich die Konkurrenz auch noch Punkte weg, aber dafür müsste der SCP in seinen Spielen nicht mehr einfach nur „mithalten“, sondern dann schlichtweg deutlich besser punkten. Siege in Wuppertal, in Oberhausen, in Wiedenbrück werden fast zur Pflicht. Die bisherige Saison zeigt allerdings, dass das eine unrealistische Erwartung ist. Natürlich sind 51 Punkte aus 24 Spielen allemal bemerkenswert – in gewisser Weise geht es hier um Klagen auf hohem Niveau. Aber Essen und Köln haben das Niveau eben angehoben und daran muss sich der SCP messen lassen.

Problematisch ist genau diese Marke: Aus den fünf Duellen gegen die Spitzenteams Essen, Köln, Oberhausen und Wuppertal holte der SCP nur einen Sieg (ein möglicher Punktgewinn am „Grünen Tisch“ würde das nur formal ändern, in Essen deutete zum Spielabbruch einiges auf ein Unentschieden hin). Und mehr noch: Gegen die Top 10 der Liga holte der SCP in 11 Spielen nur 4 Siege. Essen holte in diesen 12 Spielen 7 Siege, Köln in 11 Spielen 6 Siege. Nur gegen die Teams der zweiten Tabellenhälfte punktete der SCP stabil. Den Unterschied machen am Ende eben die Partien gegen die Konkurrenten – und da reicht die Qualität beim SC Preußen offenbar doch nicht. Oder der SCP holt aus der Qualität der Mannschaft nicht das Optimum heraus.

Schon vor dem Start in die Restserie war klar: Ausrutscher kann sich der SCP nicht leisten. Das Spiel gegen Gladbach II vor der Winterpause war schon einer dieser Ausrutscher, Rödinghausen war ein No Go.

Im Grunde sprechen alle Zahlen eine klare Sprache: Münster ist nur drittbestes Heimteam (nach Köln und Essen), nur viertbestes Auswärtsteam (nach Essen, Köln und Wuppertal), hat die meisten Niederlagen auf dem Konto, bringt eine Führung von den Topteams am seltensten ins Ziel: In 18 Spielen lag der SCP in Führung, gewann aber am Ende nur 14 Partien. Essen (15 von 17) und Köln (15 von 17) waren beide erfolgreicher.

Die Zahlen kann sich der SCP an die Kabinentür heften, aber am Ende deutet doch einiges darauf hin, dass sich die Adler bereits zu viele Ausrutscher erlaubt haben. Und am Ende in eine dritte Regionalliga-Saison gehen werden – mit einigen Fragen über die künftige Qualität und damit die Perspektive der Mannschaft. Leichter wird es im kommenden Jahr sicher nicht. Im Gegenteil.