Preußen Münster gewinnt das knallharte Münsterland-Duell bei RW Ahlen mit 3:2

Preußen Münster gewinnt das knallharte Münsterland-Duell bei RW Ahlen mit 3:2

10. April 2021 1 Von Carsten Schulte

Nein, ein Derby ist das Nachbarschaftstreffen zwischen Preußen Münster und RW Ahlen sicher nicht. Dafür standen sich beide Klubs in ihrer Geschichte zu selten gegenüber. Aber noch viel näher geht nicht: Ein paar Kilometer Richtung Drensteinfurt, dann links ab nach Ahlen. Kaum ist man los, ist man schon da. Nur leider weiterhin ohne Fans, denn die hätten am Samstag sicher irgendwie Spaß gehabt. Mit Fußballkunst hatte das Spiel wenig zu tun, dafür viel mehr mit Kampf und Krampf im Nieselwetter und dem besseren Ende für die Adler. Preußenwetter an der Werse und ein Happy End mit dem 3:2-Auswärtssieg.

Das Wersestadion hat schon bessere Tage gesehen. Preußens Torwart Max Schulze Niehues dachte nach dem Spiel angestrengt nach. „Ich kann mich daran erinnern, dass ich mit Fortuna Düsseldorf mal hier war.“ Das war im September 2009, als RW Ahlen noch in der 2. Bundesliga spielte und Schulze Niehues seinen kurzen Ausflug nach Düsseldorf hatte. Ein Zweitliga-Spiel mit den Fortunen machte er nie, aber einige Male gehörte er zum Kader. Wie auch an diesem Tag im Jahr 2009, als Fortuna mit 4:1 gewann und die Mannschaft vor der Partie ihren Brasilianer Bamba Anderson im Hotel vergaß, wie Schulze Niehues grinsend erinnerte.

Mit den Preußen war es sein erster Besuch in Ahlen, trotz all seiner Jahre im Adler-Dress. Wie gesagt: So viele Berührungspunkte gab es bisher nicht. Und doch sind Duelle wie dieses einfach angesichts der regionalen Nähe spannend – und so waren am Samstag wohl auch die Banner an der Gegengeraden zu erklären. „Mit dem Siegeswillen der letzten Tage könnt ihr jeden Gegner schlagen!!!“ hatten Fans von RWA dort geschrieben. Und dies:

Banner der RWA-Fans

Die Hoffnung war da, schließlich hatte RWA gerade erst RW Essen mit 2:1 geschlagen. Warum also nicht auch die Adler?

Nun: Weil sich die Adler auf dieses Spiel eingestellt hatte. Auf das dreckige Spiel, das kampfbetonte Spiel, den miserablen Platz, die Kratzbürstigkeit des Gegners – all das war erwartet und trat exakt so ein. Und die Preußen nahmen das alles an. Von Beginn an war es ein Kampf mit offenem Visier. Von Beginn an ging es hin und her, wenngleich zunächst ohne große Chancen.

Doch nach 10 Minuten jubelte plötzlich der Gastgeber, weil Sebastian Mai (nicht der Ex-Preuße…) zum 1:0 traf. Ein blödes Gegentor (wie eigentlich jedes), aber ein Fingerzeig für die Aufgabe, die der SCP hier zu bewältigen hatte.

Jubel nach dem 1:0 für Ahlen.

Kaum war der Jubel verklungen, da hatte Ahlen das 2:0 auf dem Fuß, weil sich ein Schuss aus der zweiten Reihe gefährlich vor das Preußentor senkte. Schulze Niehues wirkte fast etwas überrascht, packte aber dann noch zu.

Und Münster? Die Preußen arbeiteten sich langsam ins Spiel rein. Vieles ging dann doch über oder nach Standards. Erster Aufreger war ein vermeintliches Foulspiel an Deniz Bindemann, der wieder von Beginn an spielen durfte. Aber Schiri Marcel Benkhoff winkte nur ab. Ahlen klärte diese Szene mit einem weiten Ball nach vorn, den Nicolai Remberg am Mittelkreis hoch und weit Richtung Preußentor klärte – tatsächlich flatterte der Ball von der Mittellinie ins Toraus. Ecke für Ahlen, obschon die Gastgeber fast komplett in der eigenen Hälfte standen. So etwas sieht man auch nicht alle Tage …

Hier und da flackerte kurz Gefahr auf. Eckball SCP, Nachschuss Frenkert (19.), Eckball SCP, Daube auf Scherder, dessen Schuss ging drüber (21.), Freistoß SCP durch Daube, dann Chaos im Fünfer der Ahlener, aber kein Tor.

Ahlen hatte Münsters Defensive als „langsam“ ausgemacht, so dass Trainer Andreas Zimmermann (seit November Nachfolger von Björn Mehnert, der nun beim Wuppertaler SV arbeitet) seine Stürmer tief in die Preußen-Hälfte beorderte.

Aber tatsächlich feierte jetzt der SCP, weil Bindemann mit einem straffen Schuss zum 1:1 abschloss (37.).

Tor zum 1:1 durch Deniz Bindemann (r.)

Da war die Sache wieder ausgeglichen. Ein Freistoß von Gianluca Marzullo landete noch in den Armen von Schulze Niehues, dann war Pause in einem munteren, nicht schönen, aber unterhaltsamen Kampfspiel.

Nach der Pause fehlte plötzlich Deniz Bindemann, für den Joel Grodowski kam. Bindemann hatte vor der Pause Gelb gesehen und auch noch eine Ermahnung kassiert – und Preußentrainer Hildmann reagiert in solchen Situationen stets doppelt vorsichtig. Münster kontrollierte das Spiel nun einigermaßen, aber sah sich ständig den Ahlener Angriffsversuchen gegenüber. Aber warum Ahlen Tabellenletzter ist, sah man auch: Da waren doch arg viele Lücken, in die der SCP immer wieder hineinstoßen konnte. Hätte er nur etwas mehr Genauigkeit und Kaltschnäuigkeit im Abschluss …

Nach 50 Minuten sprang der Ball dann reichlich hin und her im Ahlener Strafraum. Einmal reklamierte der SCP „Handspiel!“, dann ein zweites Mal binnen Sekunden – und nun gab es den Handelfmeter, den Gerrit Wegkamp via Pfosten verwandelte. Das 2:1 für den SCP, die Partie war gedreht.

Gleich ist er drin, der Elfmeter!
Jubel nach dem 2:1.

Sascha Hildmann sah, wie sich der SCP offensiv abmühte. Vieles blieb in guten Ansätzen stecken, aber Ahlen bekam vom SC Preußen auch nicht mehr angeboten. Die gefährlicheren Szenen produzierte der SCP vor dem Ahlener Tor. Nach 53 Minuten war die Chance aufs 3:1 da, aber Remberg scheiterte mit dem Versuch eines Schusses aus der Drehung (Wegkamp hatte es vorher probiert). Dann durfte Wegkamp raus, Okan Erdogan kam ins Spiel (57.), sicher auch eine Vorsichtsmaßnahme für den Preußenstürmer, der nicht überbelastet werden soll

Und weiter der SCP: Ein eigentlich schöner Angriff über Schwadorf rechts und Grodowski links implodierte letztlich, weil Schwadorfs Zuspiel irgendwie ein Rückpass auf den Torwart wurde. Naja.

An der Seitenlinie sah es der Trainer mit Sorge. Ein drittes Tor musste her, um halbwegs sicher zu sein, dass nicht noch ein Ball mal durchrutscht. Und „lo and behold“, genau das geschah, weil auch der SCP einen Handelfmeter (es war wohl Daube, wobei der später via „Bild“ betonte, den Arm bewusst angelegt zu haben) anbot und Jan Holldack sicher verwandelte. Schulze Niehues links, Ball rechts, das 2:2.

Rechts schlägt der Ball ein. Das 2:2.

Da war es also passiert, nach 76 Minuten. Alles futsch? Denkste! Auftritt Alexander Langlitz und Joel Grodowski! Weil Ahlens Torwart Bernd Schipmann nicht richtig stand, konnte Langlitz ebenfalls zum herabfallenden Ball springen. Der Ball fiel – und Grodowski vor die Füße. Und aus wenigen Metern schob der nun zum 3:2 ein (78.)

Jubel nach dem 3:2.

Der Rest war dann „Wegverteidigen“, wie es Hildmann forderte. Und es reichte zum Auswärtssieg beim Tabellenletzten. Der SCP bleibt 2021 weiter ungeschlagen und eines der absoluten Top-Teams der Rückrunde.