Die Regionalliga West: Fragen und Antworten zur neuen Heimat der Preußen

Die Regionalliga West: Fragen und Antworten zur neuen Heimat der Preußen

2. Juli 2020 2 Von Carsten Schulte

Der SC Preußen Münster hat früher als erhofft Planungssicherheit. Von wegen zwei Endspiele. Am Mittwochabend kamen die – aus Preußensicht – schlimmsten Ergebnisse zusammen. Der perfekte Sturm riss den SCP runter in die Viertklassigkeit. Wie geht es weiter? Was wissen wir bereits?

Am Tag danach wusste natürlich noch niemand beim SC Preußen exakt, wie es nun weitergeht. Vorerst gibt es mehr Fragen als Antworten. Ein paar Eckdaten sind allerdings mittlerweile klar.

Der Abstieg ist erst einen Tag her, aber die Klubführung kann sich eigentlich nicht zurücklehnen. Es muss sofort und mit Nachdruck gehandelt werden. Bereits offiziell ist seit Donnerstag, dass Sport-Geschäftsführer Malte Metzelder den Klub verlässt. Man kann darüber denken, was man mag. Metzelders Rahmenbedingungen waren nicht so, wie sie versprochen wurden. Aber wirklich „kreative“ Lösungen, wie Metzelder in der Vergangenheit oft angekündigt hatte, fand er auch nicht. Die Wahl von Sven Hübscher war auf dem Papier logisch, aber dann schaute die gesamte Klubführung tatenlos zu, wie die Mannschaft einen brutalen Absturz hinlegte. Zaudern und Zögern statt Entschlossenheit – das kostete den SCP am Ende die Liga. Da konnte auch ein Rückrundenplatz 11 nichts mehr retten. Metzelder selbst sah am Ende auch keine echte Perspektive mehr, sein Abschied stand schon länger fest. Es ist allerdings einigermaßen klar, dass der Klub die Stelle neu besetzt.

Den Luxus, jetzt in Ruhe die Wunden zu lecken, hat der SCP nicht. Der SC Preußen ist einer der letzten Regionalligisten mit Klarheit über seine Ligazugehörigkeit. Er ist spät dran und muss jetzt erst einmal seine eigenen Rahmenbedingungen klären.

Zunächst, was sicher ist: Die neue Regionalliga West wird mit 22 Teams spielen. Weil der Verband die Saison abgebrochen hatte und auf Absteiger verzichtet hatte, bleiben (fast) alle drin. Einzig die SG Wattenscheid, die bereits im Herbst den Spielbetrieb aus finanziellen Gründen eingestellt und ihre Mannschaft zurückgezogen hatte, wird in der Oberliga neu starten.

Die abgeschlagenen Klubs SV Bergisch Gladbach 09 und der VfB Homberg dürfen bleiben.

So sieht die Liga aus:

SC Preußen Münster
SV Rödinghausen
RW Essen
RW Oberhausen
1. FC Köln II
Alemannia Aachen
Borussia Dortmund II
Borussia Mönchengladbach II
FC Schalke 04 II
Sportfreunde Lotte
Fortuna Düsseldorf II
Fortuna Köln
Bonner SC
Wuppertaler SV
TuS Haltern
SV Lippstadt
VfB Homberg
SV Bergisch Gladbach 09
SV Straelen (Aufsteiger)
FC Wegberg-Beeck (Aufsteiger)
RW Ahlen (Aufsteiger)
SC Wiedenbrück (Aufsteiger)

Die letztgenannten Klubs waren gerade noch Konkurrenten von Preußens U23. So schnell kann es gehen …

Es gibt aber Wackelkandidaten: Der Wuppertaler SV hat vor wenigen Tagen eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Der wirtschaftlich schwer angeschlagene Klub will sich aber selbst retten – ob das in der Regionalliga gelingt, ist noch offen. Und auch der TuS Haltern hat sich entschieden, Fußball unter anderen Maßgaben zu spielen. Der Ex-Klub von Malte Metzelder will vor allem auf regionale Spieler setzen, selbst wenn das auf Kosten der Ligazugehörigkeit geht. Ob Haltern sich freiwillig zurückzieht? Das ist noch offen – aber ein Thema ist es. Die Infrastruktur des TuS Haltern war ohnehin kaum viertliga-tauglich. Die meisten Spiele musste der Klub im Wattenscheider Lohrheidestadion austragen.

Immerhin: Der Westdeutsche Fußball-Verband bestätigte am Donnerstag, dass alle 22 Klubs auch die Zulassung für die Liga erhalten. Dazu gehört natürlich nun auch der SCP.

Konkurrenz

Natürlich geht für den SC Preußen der Blick auf die Top-Klubs. RW Essen will sicher eine herausragende Rolle spielen. Christian Neidhart wird neuer Trainer bei RWE, das aus Rödinghausen auch schon den Top-Torjäger Simon Engelmann verpflichtet hat.

Apropos Rödinghausen: Der Klub wird vom Ex-Preußen Nils Drube trainiert und spielt im Aufstiegskampf erst einmal keine Rolle. Der Klub hat im Winter angekündigt, sein Aufstiegsrecht ruhen zu lassen, weil die eigene Infrastruktur (Stadion) nicht tauglich für die 3. Liga wäre. Der Klub will sportlich eine Hausnummer in der Regionalliga sein, aber eben nicht aufsteigen.

Wer sonst oben mitmischt? Oberhausen oft, mit dem BVB II muss man immer rechnen, überhaupt die Zweitvertretungen…

Liga, Spieler, Trainer – Wie geht es weiter?

Dem Vernehmen nach hat der SC Preußen Münster aktuell sechs Spieler mit Verträgen auch für die Regionalliga. Wer das ist, teilt der SCP nicht mit, aber es liegt auf der Hand, das damit eher „Brückenspieler“ wie Joel Grodowski, Dominik Kann oder Naod Mekonnen gemeint sein dürften.

Auch noch offen ist, wer Trainer wird. Sascha Hildmann hat grundsätzlich zumindest Gesprächsbereitschaft signalisiert – aber auch für ihn wird eine Rolle spielen, was der SCP in der kommenden Saison auf den Platz bringen könnte. Bleibt Hildmann? Oder muss sich der SCP auch einen neuen Trainer suchen? Dann würden unweigerlich die üblichen Verdächtigen genannt. Trainer wie der Ex-Preuße Farat Toku beispielsweise.

Und die Liga? Die Regionalliga West soll(te) eigentlich Ende Juli 2020 in die neue Saison starten. Das dürfte natürlich überholt sein. Für die 2. Bundesliga gibt es derzeit Überlegungen, Ende August zu starten, die Bundesliga dann zwei oder drei Wochen später.

Ligastart Anfang September, Spielplan Mitte Juli?

Am Donnerstag gab es eine erste grundsätzliche Einigung der Klubs. Vermutlich dürfen sich die Preußen auf Anfang September einstellen – und vorerst weiter mit Geisterspielen. Die behördlichen Auflagen mit Blick auf Großveranstaltungen gelten ja bis zum 31. Oktober 2020. Kaum vorstellbar, dass der SCP zum Start wieder vor Zuschauern spielen kann – aber vielleicht ergeben sich bis zum Herbst hin ja Möglichkeiten, vielleicht personalisierte Tickets und reduzierte Zuschauerzahlen? Konkurrent Essen beispielsweise arbeitet derzeit an einem Konzept, um zumindest Zuschauer in überschaubarem Rahmen zuzulassen.

Allerdings kann sich die Liga auf 42 Spieltage einstellen, das wird kaum ohne englische Wochen gehen – oder ohne eine längere Saison. Vermutlich wird die Saison Anfang September beginnen und Anfang Juni 2021 enden. Der Rahmen-Spielplan soll Mitte Juli vorgestellt werden.

Ach ja: Einstellen kann sich der SC Preußen schon einmal auf Spielabsagen. Was in der (professionellen) 3. Liga mit ihren mehr oder minder professionellen Stadien mittlerweile eine Seltenheit ist, gehört in der Viertklassigkeit noch eher zur Regel. Im Winter sind Ausfälle von Spielen Normalität, willkommen zurück im Amateurfußball.

Direkter Aufsteiger

Ob diese Information für den SC Preußen relevant ist ..? Der Meister der Regionalliga West steigt 2021 direkt in die 3. Liga auf. Es gibt also keine Aufstiegsspiele, wie sie der SC Verl gerade (erfolgreich) gespielt hat.

Aber ob die Preußen überhaupt in der Lage sein werden, ein starkes Regionalliga-Team aufzustellen? Da wird im Klub sicher über zwei unterschiedliche Philosophien diskutiert werden: Sofortiger Wiederaufstieg? Oder eine Konsolidierung und Neuaufbau über mehrere Jahre? Diese Entscheidungen werden vermutlich erst nach einem Kassensturz fallen können. Aktuell ist noch etwas schwer vorstellbar, wie es der SCP den Fans und dem Umfeld „verkaufen“ könnte, in den kommenden Jahren viertklassig zu spielen. Zwischen 2006 und 2011 ging das phasenweise gut – aber auch nur wegen besonderer Umstände. Die Preußen feierten 2008 einen Meistertitel und waren in der Liga das Maß der Dinge. Das half zumindest etwas für die Stimmung. Aber in den folgenden beiden, eher wenig erfolgreichen Regionalliga-Jahren war die Stimmung doch häufiger gedrückt. Zuschauerzahlen zwischen 2.000 und 3.000 Fans waren die Normalität. Erst im Aufstiegsjahr fanden Klub und Anhänger auch im Stadion wieder zueinander. Weil sich in der Rückschau vieles auf das erfolgreiche Ende konzentriert, sind die bitteren Zeiten gegen FSV LU-Oggersheim und Co. etwas vergessen. Kann man den eigenen Fans (und auch den Sponsoren) das Prinzip Hoffnung noch einmal zumuten? Es wird zumindest schwer.