DFB präsentiert Hygienekonzept für die 3. Liga – und noch mehr Streit

DFB präsentiert Hygienekonzept für die 3. Liga – und noch mehr Streit

9. Mai 2020 1 Von Carsten Schulte

Der Neustart der 3. Liga rückt zumindest ein bisschen näher. Nur auf dem Papier allerdings, denn der Tonfall zwischen Klubs und auch Verbänden wird immer schriller. Immerhin gibt es nun auch ein Hygienekonzept für die 3. Liga.

Wenig überraschend orientiert sich das Hygienekonzept des DFB an dem der DFL. Es stammt ja von der Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb und wurde für die 3. Liga (sowie die Frauen-Bundesliga) lediglich angepasst. Wichtig ist: Es könne nicht das Ziel sein, hundertprozentige Sicherheit für alle Beteiligten zu garantieren. „Denn das dürfte sich als unmöglich erweisen“, schreibt der DFB selbst. Das zeigt dann auch, mit welchem Grundgedanken der Fußball in die Spiele geht: Ja, wir wissen, es ist nicht hundertprozentig sicher, aber wir müssen halt spielen.

Eventuell auftretende Infektionen werden anonymisiert in Listen erfasst, die den Klubs und SchiedsrichterInnen dafür zur Verfügung gestellt. Die Daten sollen helfen, Krankheitsverläufe zu verfolgen und auch das Wissen über „typische Verläufe“ von Covid-19- Erkrankungen bei jungen, leistungsfähigen Sportlern zu verbessern. Personen mit Risikofaktoren sollten idealerweise dem Umfeld von Teams und Spielen fernbleiben, ansonsten „kann ihnen zumindest eine besondere Aufmerksamkeit bei allen präventiven Maßnahmen gewidmet werden“, so der DFB.

Tests ab 27. April – und zweimal vor dem Training

Der DFB geht davon aus, dass rückwirkend ab dem 27. April alle Covid-19-Erkrankungen samt Verläufen für das gesamte Umfeld der Mannschaften und der Schiedsrichter (-assistenten) erfasst werden. „Engmaschige und regelmäßige“ Tests sollen in „angemessener Weise“ durchgeführt werden. „Positive Testergebnisse ziehen neben einer Meldung an die Gesundheitsbehörden eine sofortige Isolation der betreffenden Person nach sich sowie eine gründliche Kontaktanamnese, um gezielt weitere Testungen und ggf. andere Maßnahmen in die Wege leiten zu können.“

Das alles sei ab sofort möglich, so der DFB. Das Ziel: Möglichst bald fußballspezifisches Training aufnehmen, an dem ausschließlich negativ getestete Spieler und Betreuer teilnehmen.

Mindestens zwei Testungen sind vor dem Auftakt in reguläres Training vorzunehmen – vorzugsweise innerhalb von 5 Tagen inklusive dem letzten Tag vor dem Trainingsauftakt. 

Die letzten sieben Tage vor dem Ligastart sollen alle Klubs in ein Trainingslager in Quarantäne verbringen. Tests im privaten Umfeld können freiwillig durchgeführt werden. Wer das nicht will, muss jeden Kontakt der im gleichen Haushalt lebenden Personen mit der Außenwelt schriftlich dokumentieren.

Grundsätzlich gilt: Spieler, Betreuer oder Verantwortliche aus Risikogruppen sollen nach Möglichkeit ausgeschlossen werden vom Trainings- und Spielbetrieb.

Jeder Klub muss eine/n Hygienebeauftragte/n benennen – das können, müssen aber nicht die Mannschaftsärzte sein.

Alles freiwillig

Der DFB weist darauf hin, dass angesichts nicht zu garantierender Sicherheit die gesamte Teilnahme an Training und Spielen freiwillig erfolgen sollte. Die Task Force „befürworte“ das, verweist aber auch auf geltende Spieler-Verträge. Letztlich obliegt es also den Klubs, ob sie die Entscheidung letztlich ihren Spielern überlassen.

Zonen

Wie in der Bundesliga werden auch in der 3. Liga Zonen benannt: Der Innenraum, die Tribüne und das Stadionaußengelände. Maximal 300 Personen dürfen sich zu jeder Zeit auf dem gesamten Stadiongelände aufhalten – also dem Bereich innerhalb der Stadionumzäunung. Für den Bereich außerhalb der Stadionzäune sind die Klubs nicht verantwortlich. In jeder Zone dürfen sich maximal 100 Personen aufhalten.

Für den Innenraum bedeutet dies: Spieler, Betreuer, Trainer, Schiedsrichter, Balljungen, Sanitäter und Ordner, dazu noch Medienvertreter von Magenta oder TV-Sendern, Fotografen. Der DFB nennt auch den Video Assistant Refererr (VAR), aber hat wohl einfach vergessen, den für die 3. Liga zu streichen…

Logistisch bedeutet dies für alle Beteiligten, dass Aufbauarbeiten so früh erledigt sein müssen, dass die Arbeitskräfte rechtzeitig die einzelnen Bereiche verlassen können. „Dynamische Personal-Bedarfsplanung“ nennt der DFB das.

Das DFB-Konzept nennt beispielhaft Zahlen: Zum Anpriff des Spiels könnten vier „Ballholer“ in den Innenraum, dazu drei Fotografen. Der Platzwart dagegen muss raus und darf erst zwei Stunden nach Spielende wieder aufs Feld…

Auf der Tribüne dürfen beispielsweise 10 Journalisten Platz nehmen.

Es versteht sich, dass Einlaufkinder (DFB: „Escort-Kids…“) und Maskottchen nicht im Innenraum zugelassen sind. Teamfotos gibt es nicht, kein Händeschütteln, kein Aufstellen der Teams. Trainer und Spieler am Spielfeldrand müssen den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten, so der DFB. Da kann der SC Preußen direkt mal reichlich zusätzliche Stühle heranschaffen…

Klar ist auch: Es gibt weder Pressekonferenz (diese erfolg virtuell) noch Mixed-Zone, also den Bereich in der Tribüne, in dem nach den Partien Spieler und Journalisten sprechen. Auch der Medienarbeitsraum bleibt geschlossen – was die Berichterstattung über Spiele natürlich deutlich erschwert.

Weiter Streit zwischen Klubs und DFB

Die Bedingungen für Geisterspiele sind also klar – aber das gilt nicht für die Diskussion über die Fortsetzung der 3. Liga.

Nach wie vor stehen sich Befürworter von Abbruch und Fortsetzung uneins gegenüber. Zwar formuliert der DFB beständig eine „Mehrheit der Klubs“ sei für die Fortsetzung, aber lässt außer Acht, dass diese Mehrheit knapp ist.

Nach wie vor gibt es keinerlei Aussagen dazu, was in Städten geschieht, in denen die Behörden einen Trainings- oder Spielbetrieb schlichtweg nicht zulassen (z.B. Halle) oder für kaum machbar halten (Münster).

Stattdessen melden sich Funktionäre wie Erwin Bugar zur Wort. Der Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbands fasste die jüngste Tagung des Spielausschusses so zusammen: „Die Information ist so, dass die 3. Liga in jedem Fall spielen wird.“

Zugleich deutete Bugar an, dass Klubs, die nicht spielen wollen, „mit rechtlichen Konsequenzen“ zu rechnen hätten. Punktabzug sei hier eine Möglichkeit. „Aber die 3. Liga wird auf jeden Fall spielen, um Aufsteiger zu ermitteln.“

Bugar meldet sich als Vetreter jenes Verbandes zu Wort, dessen Klubs (Halle, Magdeburg, Jena, Zwickau…) eigentlich einen Saisonabbruch fordern – und nimmt eine kategorische Ansage vorweg, die vom DFB noch gar nicht zu hören war. Das wirkt alles seltsam unabgestimmt.

Beim SC Preußen Münster ist zu hören, dass das Hygienekonzept nur mit großen Anstrengungen – und Geld – umzusetzen wäre. Und in Sachen Geld wird vom DFB offenbar wenig Hilfe kommen. Einzig die Kosten für die erforderlichen Tests würden vom Verband übernommen. Den Rest müsste der SCP stemmen.

Viele der geforderten Maßnahmen wie beispielsweise Benennung eines hauptamtlichen Arztes als Hygienearzt wären für den SCP nur schwer möglich – die Klubärzte des SCP haben eigene Praxen und könnten schwerlich für Monate exklusiv für den SCP arbeiten. Wie das gelöst werden soll? Das sagt der DFB nicht.

Fast schon harmlos nehmen sich andere Forderungen aus. Zu den Spielen soll der SCP entweder in Autos (keine Fahrgemeinschaften!) oder mehreren Bussen/Transportern anreisen. Das sind alles Kosten, die noch gänzlich unklar sind.

Zumal am Ende die Behörden und die Politik sagt, wo es langgeht. Was ist mit Klubs, deren Länderregierungen irgendeinen Trainingsbetrieb (und damit auch Spiele) bis Ende Mai untersagt haben? Der DFB kann sich hier nur fügen – aber wann soll denn die 3. Liga unter diesen Umständen starten?

Nur Fragen, aber wenig Antworten. Hygienekonzept hin oder her.