Deniz Bindemann trifft und muss schweigen

Deniz Bindemann trifft und muss schweigen

13. Mai 2021 1 Von Carsten Schulte

Beim 4:2-Auswärtssieg in Düsseldorf sorgte Deniz Bindemann fast im Alleingang für die drei Punkte – zumindest nach Toren. Nach dem Spiel gab es von ihm aber keine Aussagen über die eigene Befindlichkeit. Der SC Preußen Münster stellt seinen Youngster sozusagen hinter den Vorhang …

Foto: Deniz Bindemann (l.) jubelt in Düsseldorf mit Alexander Langlitz.

Eigentlich gehört Bindemann zur U19 des SC Preußen. Aber schon zum Trainingsauftakt im Sommer 2020 durfte Bindemann bei der ersten Mannschaft mitmischen. Aber nach dem ersten Aufgalopp verschwand der damals 17-Jährige wieder in den Nachwuchs-Teams, auch wenn er im Training immer mal wieder mitmischte.

Ganze vier Spiele machte Bindemann für die U19 (traf einmal gegen Paderborns U19), ehe Corona die Junioren-Bundesliga erneut stoppte. Geduld war angezeigt. Anfang 2021 stand Bindemann plötzlich erstmals im Kader, beim 1:0 in Bergisch Gladbach kam er allerdings nicht zum Einsatz.

Gleiches galt für die beiden Spiele gegen RW Essen und in Wiedenbrück.

Deniz Bindemanns (links) erste Kader-Berufung beim 1:0 in Bergisch Gladbach. Zum Einsatz kam er dort nicht.

Seinen ersten Kurzeinsatz verdiente sich Bindemann beim 2:0 gegen den Wuppertaler SV. Vier Minuten durfte er aufs Feld, kam für Joshua Holtby. 19 Minuten waren es gegen den Bonner SC. Und gegen den SV Straelen rückte Bindemann erstmals in die Startelf – und bedankte sich mit einem Tor. „Er ist ein Vollblutstürmer“, sagte Hildmann da schon über den mittlerweile 18-Jährigen.

Seit März folgten regelmäßige Einsätze. Und Tore. Eines in Ahlen, zwei gegen Lippstadt, nun drei in einem Spiel in Düsseldorf. Macht 7 Tore in 8 Spielen! So gut traf seit Jahren kein Preußen-Stürmer. Nur Adriano Grimaldi war 2018 noch erfolgreicher, erzielte in 7 Einsätzen 9 Tore. Seine beste Quote beim SC Preußen, aber wenig andere Angreifer der Preußen kamen in den vergangenen Jahren auf so eine Bilanz – zumal in so kurzer Spielzeit.

Fraglos wird längst die halbe 3. Liga (oder auch andere) mehr als einen Blick auf Bindemann geworfen haben. Glücklicherweise besitzt der Stürmer beim SCP noch einen Vertrag bis 2022. Schweigen soll Bindemann weiterhin. Schon nach dem ersten Startelf-Einsatz samt Premierentor zog Sportchef Peter Niemeyer den Spieler kurz vor dem geplanten Interview nach Spielende weg. Eine Maßnahme, die auch Trainer Sascha Hildmann befürwortete. „Der soll jetzt erst einmal spielen.“ Es blieb bisher bei dem Vorgehen. Auch nach dem Dreierpack in Düsseldorf gab es keine Aussagen von Bindemann, weder gegenüber Medien noch gegenüber dem klubeigenen nullsechs.tv. Sprechen lassen soll er nur seine Leistung.

Das ist sicher vernünftig, um die Konzentration des Spielers nicht zu stören, der allerdings derzeit auch keine Anzeichen zeigt, abzuheben. Nicht reden. Machen. Bisher klappt das bemerkenswert.

Ausgleich gegen Straelen: Deniz Bindemann (Mitte, Nummer 26) nach seinem ersten Treffer.

Jugend forscht

Spannend ist, wie sehr der SC Preußen sein noch junges Credo lebt, den eigenen Nachwuchs besser mit der ersten Elf zu verzahnen. Beim 4:2 in Düsseldorf kamen gleich sieben (!) Spieler zum Einsatz, die entweder aus der Jugend des SC Preußen stammen oder mindestens in U19 oder U23 gespielt haben: Marko Dedovic, Jannik Borgmann, Simon Scherder, Nicolai Remberg, Alexander Langlitz und eben Deniz Bindemann. Dazu auch noch Niklas Heidemann, der in Münster einst in der U17 und U19 spielte, ehe er über Wattenscheid und Duisburg in Wuppertal landete. Auf der Bank saßen sogar noch zwei weitere Spieler: Lukas Frenkert und Dominik Klann. Sogar Ersatztorwart Steffen Westphal gehört ja zur eigenen U23, wenngleich er die Jugendteams in Bielefeld durchlief, strenggenommen also nicht in diese Aufzählung gehört.

Diese Youngstars-Wucht ist nicht zufällig oder der Not geschuldet (zumindest nicht auf allen Positionen), sondern Umsetzung des Konzepts, das schon Malte Metzelder im Januar 2020 auf der Mitgliederversammlung vorgestellt hatte. Ein Konzept, das natürlich auch aus der wirtschaftlichen Not geboren wurde. „Wir wollen auch Nachwuchstrainern die Möglichkeit geben, bei den Profis reinzuschauen. Diesen Weg müssen wir fortsetzen, also auch die gezielte Einbeziehung von Nachwuchsspielern ins Drittliga-Training“, sagte er damals. Und meinte auch einen „Wissenstransfer“ zwischen Trainern und Co-Trainern aller Teams. Ein Plan, den Metzelder selbst nicht mehr wirklich umsetzen konnte, den aber Sportchef Peter Niemeyer spürbar vorantreibt.

Gezeigt hat sich in den vergangenen Monaten, dass Spieler aus den Nachwuchsteams an ihren Aufgaben reifen. Dominik Klann rückte anfangs der Saison wegen vieler Ausfälle in den Kader und machte seine Sache erstaunlich ruhig und ordentlich. Sicher half es, dass der Sprung zwischen der Oberliga-U23 und der Regionalliga etwas kleiner ausfallen muss als zur 3. Liga. Dennoch.

Nicolai Remberg ist derzeit schon gar nicht mehr aus dem Kader wegzudenken, spult viele Kilometer ab. Er und Klann wurden dafür längst belohnt, ihre Verträge verlängert. Es wird irgendwann schmerzhafte Erkenntnis sein, dass diese Spieler von höherklassigen Klubs weggekauft werden, aber das gehört zur Realität des SC Preußen Münster wie vieler ähnlich aufgestellter Klubs. Ausbilden, spielen lassen, verkaufen und Ablöse kassieren. Richtig interessant wird es allerdings erst, wenn ein zertifiziertes Nachwuchsleistungszentrum steht, denn erst dann könnte der SCP auch von künftigen Weiterverkäufen seiner Talente profitieren. Bisher geht das nicht. Auch ein Grund, warum das NLZ eine so gewaltige Rolle spielt, auch wenn das Thema nicht im Fokus der meisten Zuschauer steht.

Für den Moment darf sich der SC Preußen Münster über ein kleines Juwel freuen, das mit Blick auf die kommende Saison einige Hoffnung aufkommen lässt.